Italien. 289
ribaldi verwundete, hat die letzte Zeile des Vertrages zerstört, den wir Re-
publikaner vor nun zwei Jahren mit der Monarchie eingegangen sind
Im Namen der bedrohten Einheit, im Namen der Märtyrer, die, alle Re-
publikaner, in langer Opferreihe während eines halben Jahrhunderts das
Fundament zum italienischen Vaterlande gelegt, im Namen des beleidigten
Gewissens trennen wir uns heute für immer von einer Monarchie, die in
Sarnico für Oesterreich, in Aspromonte für den Papst kämpft. Frei von
jedem anderen Bande, als dem, das uns an die heilige Sache des Vater-
landes fesselt, kehren- wir zurück zu unserm alten Banner, zum Glauben
unserer großen Vorfahren, zum republikanischen Schlachtenruf, dem Schöpfer
all unseres Ruhmes, zum Volke, als der nunmehr einzigen Hoffnung Ita-
liens, zur Vernunft, zur Wahrheit.“ "
2. Oct. Ieneral Brignone ordnet auf Sicilien eine allgemeine Entwaffnung an.
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„Der Finanz minister veröffentlicht den Jahresbericht über die Finanzge-
bahrung von 1862 und das Budget für 1863. Das Jahr 1862 ergibt
ein Deficit von circa 351 Mill. Fr., die Ausgaben betragen 974,347,399
Fr., die Einnahmen nur 623,411.144 Fr. Nach dem Budget für 1863
betragen die ordentlichen Ausgaben 763,343,206 Fr., die außerordentlichen
172,044,729 Fr., die ordentlichen Einnahmen 549,355,244 Fr., die außer=
ordentlichen 65,456,108 Fr. Das Deficit betrüge demnach circa 320 Mill.,
30 Mill. weniger als 1862. Der Finanzminister hofft indeß auch dieses
Jahr vermöge der von ihm eingebrachten Finanzgesetze über Domänenver=
kauf u. s. f. ein Anlehen vermeiden zu können.
5. Oct. Ein kgl. Decret ertheilt Garibaldi und seinen Genossen, mit Aus-
nahme der Deserteurs von der Armee und Flotte, allgemeine Amnestie.
Bericht des Ministers an den König: Die Gründe, welche die
Regierung verpflichteten, dem edelherzigen Wunsche Ew. Maj. zu widerstre-
ben, bestehen nicht mehr. Die Herrschaft des Gesetzes ist gesichert. Das
Vertrauen zu Ihrer offenen und zugleich weisen Politik hat die Ungeduld
gemäßigt, welche Garibaldi auf die Bahn der Rebellion getrieben und die
Katastrophe von Aspromonte herdeigeführt hat. Man hat nun erkennen
können, daß, wenn er in Ihrem Namen kämpfend Wunder gethan hat, er
dies nicht mehr vermochte, als er pflichtvergessen, welch' ein Ziel er auch
immer hatte, seine Waffen gegen Ihre königl. Rechte kehrte. Jetzt wünscht
das beruhigte Italien in Erinnerung an Garibaldi's Dienste seine Fehltritte
zu vergessen. Diesem Wunsche des Landes schließen sich alle Freunde der
Freiheit und Einheit Italiens an. Sobald es sich darum handelte, die Re-
bellion zu bekämpfen, hat die Regierung die entschiedensten Maßregeln in
Vorschlag gebracht. Jetzt nach Beseitigung aller Gefahr macht sie sich zum
Herold des allgemeinen Wunsches nach Gnade. Sie würde gerne die Am-
nestie auf Alle ausdehnen, aber Ausnahmen sind nothwendig. Das Gefühl
der militärischen Pflicht erlaubt es nicht, auch die Soldaten (Deserteurs) zu
begnadigen. Zu deren Gunsten ebenfalls mildernde Umstände anzunehmen,
verbietet uns die Fahnenehre.“
„ Die Faalienische Regierung läßt sich, in Folge des eben erst
im französischen Moniteur veröffentlichten Briefes des Kaisers Na-
poleon vom 20. Mai über die römische Frage, und da Frankreich
bis jetzt auf das Begehren der italienischen Depesche vom 10.
Sept. gar nicht zu antworten geneigt scheint, dazu herbei, der
Französischen Regierung zu erklären, sie wäre geneigt, in Unter-
handlungen einzutreten, und wie sie andeutet, die Verpflichtung zu
übernehmen, für den Fall eines Zurückziehens der französischen
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