Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dritter Jahrgang. 1862. (3)

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KRußland. 
Dank des Kaisers für die vorjährigen gesetzgeberischen Arbeiten aus, mit 
der Zusage, daß die Militärbehörden höchsten Orts angewiesen sind, den 
Civilbehörden bei Widersetzlichkeit der Bauern wegen der Zinserhebung die 
(bisher versagt gewesene) militärische Hilfe zu leisten. Die Prüfung der 
Beschwerden der römisch-katholischen Geistlichkeit ist den betreffenden Be- 
hörden übertragen. Sodann wird die Regelung der Correspondenz der 
Geistlichkeit mit dem päpstlichen Stuhl durch die kaiserliche Gesandtschaft, 
ferner die Anwendung der Kriminal-Gesetze gegen gewisse Fälle der Ver- 
führung und des Abfalls vom Glauben, sowie das criminelle Verfahren 
gegen Geistliche berührt. Zum Schluß sagt der Graf: „Es ist der Wille 
Sr. Maj., daß neben der Aufrechthaltung des obersten Ansehens der Ne- 
gierung und neben den Rechten jedes Glaubensbekenntnisses im Lande die 
römisch-katholische Geistlichkeit bei uns dasjenige Ansehen genieße, welches 
ihr aus der Rücksicht gebührt, daß eine so überwiegende Anzahl von Unter- 
thanen Sr. k. k. Maj. im Königreich Polen sich zur römisch-katholischen 
Religion bekennt.“ · · «« 
30. Juni. (Polen). General Lüders wird seines bisherigen Armeecommandos 
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5. 
2. 
3. 
4. 
enthoben und zu Herstellung seiner Gesundheit in Folge des Attentates be- 
urlaubt; das Commando des 1. Armeecorps wird dem Großfürsten Constantin 
übertragen. 
Juli. (Polen). Grofßfürst Constantin trifft in Warschau ein. 
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(Polen). Mißlungenes Attentat auf den Großfürsten. Constantin. 
(Polen). Drei Mitglieder des polnischen Staatsraths werden an die 
Stelle russischer Generale zu Civilgouverneuren der Provinzen ernannt, so 
daß nunmehr sämmtliche fünf Gouverneursstellen mit ein- 
gebornen Polen besetzt sind. 
(Polen). Großfürst Constantin empfängt die sämmtlichen Civil= 
behörden mit Wielopolski an der Spitze, die Beamten des landschaftlichen 
Creditvereins und den Stadtrath, die ihm ihre Glückwünsche darbringen, 
mit der Erklärung, daß dieses traurige Ereigniß ihn nicht hindern werde, 
gemeinschaftlich mit dem Staatsrath die so erwünschten Reformen durch- 
zuführen, daß aber zu dieser Durchführung die Nation der Regierung 
zu Hilfe kommen müsse. In dieser Beziehung sei der Diensteifer der 
Beamten nicht hinreichend, sondern es müsse auch die Unterstützung der 
Bürger hinzukommen. Der Groffürst fügt hinzu, daß dieses mörderische 
Geschoß, das sich im Laufe einer einzigen Woche zweimal in Warschau ent- 
laden, vielleicht eine Fügung der allmächtigen Vorsehung sei, um der 
Nation Gelegenheit zu geben, sich in ihrem wahren Lichte zu zeigen. 
Rede des Grafen Wielopolkski bei Eröffnung der Sitzung des Staats- 
raths: „Der vom Kaiser heißgeliebte Fürst, den meine Bitte als ein 
Pfand unseres Fortschritts und unserer Zukunft hierherführte, kam nebst 
seiner erhabenen, gegen uns sehr freundlich gesinnten Gemahlin und seinen 
Kindern mit edlem Vertrauen hier an. Er tzuscht sich nicht in dem Herzen 
und der rechtlichen Gesinnung des Volkes, dem er sich und sein Familien= 
glück anvertraute. Das bewiesen jene denkwürdigen Tage, der Tag seines 
unüberwachten Einzugs, und der Tag, an welchem Warschau ihn an den 
Altären seiner Kirchen mit Zuversicht und Dank empfing. Nach diesen 
schönen Tagen spie die Nacht aus einer in Dunkel gehüllten Höhle ein 
neues Attentat aus, das das ganze Land mit Abscheu erfüllte. Der er- 
habene Fürst, welcher unverletzt und unerschüttert blieb, erklärte uns — 
Sie haben es gehört — daß er der polnischen Nation keine Betheiligung 
an dem verübten Verbrechen zuschreibe. Die mörderischen Schläge, 
wenn sie noch ferner fallen sollten, möchte ich lieber auf meine Brust 
gerichtet haben, als daß ich auf dieser Erde die Tugenden unserer Bäter
	        
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