Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dritter Jahrgang. 1862. (3)

326 Rußland. 
die Zustimmung der Majorität der Landesvertreter. Ueberdem sind sie ge- 
währleistet durch die wesentlichen Beweise, welche das Cabinet neuerdings 
dafür gegeben hat, was es thun will und kann für Erhaltung der Ordnung 
und des allgemeinen Friedens. Unter diesen Umständen haben wir es in 
unserem Interesse gehalten, den Turiner Hof zu stützen und zu stärken auf 
dem Boden der gesellschaftlichen Ordnung, für welche alle Regierungen ver- 
pflichtet sind, und womit wir in Uebereinstimmung bleiben mit den Prin- 
cipien, welche Se. Majestät an die Spitze ihrer Politik gestellt; wir durften 
unsere moralische Unterstützung weder dem Cabinet, welches dieses Programm 
öffentlich proclamirt hatte, noch der aufgeklärten Majorität eines Landes, 
für das wir nur Gesinnungen des Wohlwollens und der gegenseitigen 
Sympathien haben, versagen. Deshalb hat unser erhabener Gebieter sich 
entschlossen, die diplomatischen Beziehungen mit Sr. Maj. dem König 
Victor Emanuel als König von Italien wieder aufzunehmen.“ 
19. Aug. (Polen). Ein Sohn Wielopolski's wird als Stadtpräsident von 
Warschau eingeführt. 
27. „ (Polen). Proclamation des Großfürsten Constantin an die 
Polen. " 
„Polen! S. M. der Kaiser und König, mein erlauchter Bruder, hat 
durch meine Ernennung zu seinem Statthalter im Königreiche seinen 
polnischen Unterthanen einen unzweifelbaften Beweis seiner gnädigen Ge- 
sinnungen gegen dieselben geben wollen. Indem ich die Pflichten über- 
nehme, die es meinem erlauchten Herrscher mir zu übertragen gefiel, ver- 
hehle ich mir die Schwierigkeiten meiner Aufgabe nicht. Aber die Rein- 
heit meiner Gefühle, meiner Hoffnungen auf Gott und auf die Theilnahme 
aller ihr Vaterland wahrhaft liebenden und um dessen wahres Wohl be- 
sorgten Polen verliehen mir die Zuversicht dazu. In diesen Gesinnungen 
gehorchte ich der Stimme meines Monarchen, und als Unterpfand meiner Ge- 
fühle brachte ich das Theuerste meines Herzens, melne Gemahlin und Kinder, 
zu Euch, und that dies unmittelbar nach einem Attentate auf den Reprä- 
sentanten des Kaisers. Stark durch mein Gewissen und durch die Absicht, 
alle meine Kräfte Eurem Glücke zu widmen, kam ich zu Euch unter dem 
Schirme grenzenlosen Vertrauens, welches ich auf Cuch setzte. Und doch, 
ehe noch mein Fuß Euer Land betrat, war schon der Arm des Mörders 
bewaffnet, der mir sofort den Todesstoß geben sollte. Der Tod lauerte auf 
mich mitten unter der Menge, die mir zum Willkommen entgegen kam, 
und folgte meinen Schritten, als ich vor die Altäre des Herrn trat. Nur 
durch die Gnade der göttlichen Vorsehung wurde ich gerettet. Seitdem 
wurden noch zwei Attentate verübt an dem Manne, den mir das Vertrauen 
des Kaisers und Königs aus Eurer Mitte zum Mitarbeiter an meinem 
großen Berufe gab. Der Arm der Gerechtigkeit hat die Schuldigen erreicht, 
die Regierung Sr. Maj. wird die verbrecherischen Complotte zu vereiteln, 
zu strafen und wohlgesinnte Menschen durch die Macht des Gesetzes zu 
schirmen wissen. Polen! wollt Ihr zulassen, daß eine verbrecherische, zwar 
nicht zahlreiche, aber bis zur Wuth boshafte Partei, welche zu den scheuß- 
lichsten Mitteln ihre Zuflucht nimmt, eine Scheidewand errichte zwuischen 
Thron und Volk, und die Ausführung der hochsinnigen Absichten Sr. Majest 4. 
verhindere? Wollt Ihr es dulden, daß unter dem Vorwande der Freihei 
und Vaterlandsliebe eine abenteuerliche Verschwörung die Nation mit mnauft 
hörlichen Drohungen terrorisire — Zeigt Euch Eurer ruhmvollen Verfahr 
werth und gedenket, daß bisher kein Blatt Eurer Geschichte die Flecken elr 
scheußlicher Thaten an sich trug. Ueberzeugt die Welt durch Euer Verfahr * 
daß Ihr alle Solidarität für solche die Nation schändende Verbrechen van 
Euch weiset. Die von S. M. dem Kaiser und König zur Befriediguer! 
wahrer Bedürfnisse beschlossenen und bereits in Ausführung gebrach
	        
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