Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dritter Jahrgang. 1862. (3)

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Deutschland. 
angebahnten Reform des Zollvereins einen wichtigen volkswirth- 
schaftlichen Fortschritt, und empfehle denselben, sowie die übrigen 
darauf bezüglichen Verträge den Regierungen und Volksvertretungen 
Südwestdeutschlands (jedoch unter einer Reise von Voraussetzungen) 
zur Genehmigung“. 
(Kurhessen.) Auch die Wähler von Hanau protestiren gegen 
den Wahlerlaß des Kurfürsten vom 26. April. 
(Preußen.) In Folge des rücksichtslosen Vorgehens der kur- 
hessischen Regierung richtet Preußen, nicht abgeschreckt durch den 
ersten Abschlag Oesterreichs, eine neue Aufforderung nach Wien, 
durch außerordentliche Abordnungen beider Höfe nach Kassel den 
Widerstand des Kurfürsten zu brechen. 
Depesche des Grafen Vernstorff an den Gesandten in 
Wien: „Eure Exc. sind durch meine telegraphische Mittheilung bereits 
davon unterichtet, daß der Versuch, den Kurfürsten von Hessen von 
der Ausführung der Verordnung vom 26. April und dem Ausschreiben 
neuer Wahlen durch den Bund abmahnen zu lassen, gescheitert ist. Die 
Sache ist dadurch auf eine Spitze getrieben, auf welche eine unmittelbare 
Entscheidung folgen muß. Wir können weder die rücksichtslose Nichtachtung 
unserer ausgesprochenen Absichten, welche in dem jüngsten Vorgehen der 
hessischen Regierung liegt, noch auch die Gefahren übersehen, welche der 
Versuch, Minoritätswahlen zu erzwingen, in seinem Schooße birgt. Der 
herausfordernde Charakter der neuesten Maßregeln ist der Art, daß wir 
unsere Aktion nicht mehr von dem Zögern und Schwanken 
in Frankfurt abhängig machen dürfen. Unseres Erachtens kann 
die österreichische Regierung dies jetzt ebensowenig als wir. Wir sind daher 
entschlossen: an die kurfürstliche Regierung die Forderung zu stellen, daß 
sie die direkt gegen unseren gemeinschaftlichen Antrag vom 8. März gerichtete 
Verordnung vom 26. April zurücknehme und überhaupt das ganze Wahl- 
verfahren sistire. Um diese Forderung mit Nachdruck zu unterstützen, werden 
Se. Maj. der König Allerhöchstihren General-Adjutanten und Oberstall- 
meister, General-Lieutenant von Willisen, mit einem Schreiben an den 
Kurfürsten nach Kassel senden. Wenn der Kurfürst sich diesem Begehren 
fügt, so werden wir darin die gebührende Genugthuung, zugleich aber auch 
die Bürgschaft erblicken, daß er den in unserem gemeinschaftlichen Antrage 
vom 8. März bezeichneten Weg wirklich einschlagen wird. Lehnt der Kur- 
fürst unsere Forderung ab, so wird die nächste und unmittelbare Folge die 
Abberufung unseres Gesandten aus Kassel sein, verbunden mit der Erklärung, 
daß Se. Maj. der König im weiteren Verlauf nach den Umständen handeln 
und nur noch das Interesse Preußens zu Rath ziehen werde, welches von 
den Folgen der überstürzenden Maßregeln der kurfürstlichen Regierung auf 
das Unmittelbarste berührt wird. Unser Verhältniß zu dem Antrage vom 
8. März wird hiedurch nicht verändert. Wir werden vielmehr gleichzeitig 
sämmtliche deutsche Bundesregierungen darauf aufmerksam machen, wie das 
Vorgehen der hessischen Regierung die Nothwendigkeit einer schleunigen Ab- 
stimmung am Bunde und einer einfachen Annahme des österreichisch-preußi- 
schen Antrages auf das Schlagendste beweist. Wir setzen voraus, daß diese 
spätestens binnen 14 Tagen erfolgen kann. Die österreichische Regierung 
findet sich, unseres Erachtens, der kurfürstlichen Regierung gegenüber in 
derselben Lage wie wir, wenn auch die Gefahren der unausbleiblichen Ver- 
wirrung in Hessen ihr nicht so nahe treten wie uns. Wir würden es 
natürlich und wünschenswerth finden, daß sie sich zu einer gleichen Mission
	        
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