Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dritter Jahrgang. 1862. (3)

Detutschland. 51 
Aufrechterhaltung seiner gegenwärtigen Zollsätze zur Unmöglichkeit ge- 
worden ist; allein     die große Mehrzahl der von Preußen durch den Ver- 
trag mit Frankreich angenommenen Zollsätze und namentlich jene für feinere 
Waaren sind von der Art, daß Oesterreich, ohne den Untergang vieler 
Zweige seiner Industrie herbeizuführen, selbst nur soweit als die Aufrecht- 
haltung der bisherigen Zwischenzölle fordert, ihnen zu folgen nicht 
vermag. Der kaiserl. Regierung bleibt sonach nichts übrig, 
als für den Fall, daß der Handelsvertrag Preußens mit Frankreich auch 
von Seite der anderen Zollvereinsstaaten genehmigt würde, der rechtzeitigen 
Mittheilung über den Tag seiner Wirksamkeit entgegenzusehen und sodann 
die Vereinsstaaten von den innerhalb des vertragsmäßigen Rechtes be- 
schlossenen Aenderungen des österreichischen Zwischenzolltarifs für den Ver- 
kehr mit dem Zollvereine zu verständigen". Das Memorandum, den Wider- 
spruch des preußisch-französischen Vertrages mit dem österreichisch= preußi- 
schen Vertrage darlegend, enthält sodann die kategorische Erklärung: 
„Die kaiserl. Regierung ist es sich daher schuldig und sie glaubt es auch 
den wohlverstandenen Interessen Deutschlands schuldig zu sein, auszusprechen: 
daß sie in der Annahme der am 29. März d. J. zu Berlin zwischen Preußen 
und Frankreich paraphirten Vereinbarungen seitens des Zollvereins eine 
Störung und Hintansetzung des zwischen Oesterreich und 
dem Zollvereine durch den Vertrag vom 19. Februar 1853 
begründeten Vertragsverhältnisses würde erblicken müssen“. 
Schließlich hebt das Memorandum noch den folgenden Punkt hervor: „Durch 
Art. 31 des Handelsvertrags verpflichtet sich Preußen, gegen Frankreich kein 
Ausfuhrverbot in Kraft zu setzen, welches nicht zu gleicher Zeit auf die 
anderen Nationen Anwendung fände. Dieser Artikel berührt nicht mehr 
blos kommerzielle Interessen, nicht mehr blos das Vertragsverhältniß zwischen 
Oesterreich und dem Zollvereine, sondern er berührt den deutschen 
Nationalverband und die Eigenschaft des deutschen Bundes 
als Gesammtmacht und als militärische Einheit. Bisher hat der Bund 
unbestritten das Recht geübt, aus Gründen der äußeren Sicherheit Deutsch- 
lands für das gesammte Bundesgebiet Verbote der Ausfuhr von Pferden, 
Waffen, Munition, Approvisionirungsgegenständen etc., sei es nach allen, 
sei es nach einzelnen Verkehrsrichtungen hin, zu erlassen. Die kaiserl. Re- 
gierung ist außer Stande, die diesem Rechte des Bundes entsprechende Ver- 
pflichtung Preußens mit jener Bestimmung seines Vertrages mit Frankreich 
in Einklang zu bringen“. 
8. Mai. (Oester reich). Das österr. Kabinet erklärt dem preuß. 
Gesandten, es befinde sich nicht in der Lage, eine außerordentliche 
Mission nach Kassel, wie sie Preußen in der Depesche v. 6. Mai 
ankündigte, in Aussicht stellen zu können. Dagegen schlägt es 
seinerseits vor, wenn die Sendung des General Willisen ausgesetzt 
werde, in einer auf den 10. Mai anzuberaumenden außerordent- 
lichen Bundestagssitzung einen Bundesbeschluß zu erwirken, welcher 
die kurfürstliche Regierung um Sistirung des eingeleiteten Wahl- 
verfahrens ersuchen solle. Die preuß. Regierung erklärt sich bereit, 
den Ausfall dieser Sitzung abzuwarten.   
„„(Württemberg). Die II. Kammer bestellt eine Commission 
zur Prüfung des franz. Handelsvertrags meist mit Gegnern desselben 
10., (Bundes tag). Außerordentliche Sitzung der Bundesversamm- 
lung: Oesterreich und Preußen beantragen „die kurhessische Regierung 
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