Full text: Europäischer Geschichtskalender. Dritter Jahrgang. 1862. (3)

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Deutschland. „ 
schen Volks; 5) die Frage über die deutsche Executivgewalt ist unter Mit- 
wirkung und Zustimmung des deutschen Parlaments zu regeln." 
Heinr. v. Gagern hatte sich in längerer Rede gegen den Antrag der 
Commission und für eine Centralgewalt erklärt, in der Oesterreich und 
Preußen Antheil haben sollten. 
III. Beschluß bezüglich der in mehreren deutschen Staaten ein- 
seitig und widerrechtlich aufgehobenen Verfassungen: „Da 
in mehreren deutschen Staaten auf gesetzmäßigem Wege vereinbarte und in 
Wirksamkeit getretene Verfassungen von den Regierungen einseitig theils 
aufgehoben, theils abgeändert und an die Stelle der gesetzmäßigen Volks- 
vertretungen Ständeversammlungen einseitig wieder hergestellt oder neu ge- 
schaffen worden sind, und da die unheilvollen Folgen dieser Rechtsbrüche in 
verschiedenen Ländern noch heute fortbestehen, so beschließt die Versammlung: 
1) In der Zulassung der Mitglieder solcher thatsächlich bestehenden Stände- 
versammlungen ist ein Anerkenntniß jener rechtswidrig erlassenen Bestim- 
mungen keineswegs enthalten, vielmehr ist 2) die Wiederaufrichtung des 
Rechtszustandes in jenen Ländern ein allgemeines deutsches Interesse.“ 
IV. Beschluß bezüglich der Zollvereinskrisis: „Die Versammlung er- 
klärt, daß der gegenwärtig zwischen den Regierungen der Zollvereinsstaaten 
ausgebrochene Zwist dem Wohl der deutschen Nation und dem Ansehen der 
Regierungen verderbsich, daher eine baldigste Erledigung desselben dringend 
ist; die Versammlung erkennt, daß die Grundursache dieses Zwistes in der 
schlechten Verfassung des Zollvereins gelegen ist; sie spricht sich deshalb dahin 
aus: 1) daß zwar die Gründung des wirklichen Bundesstaats auch in 
handelspolitischer Beziehung das erste Bedürfniß Deutschlands ist, dessen 
Befriedigung auch diesem Nothstand abhelfen wird; daß jedoch 2) so lange, 
bis dieses Ziel erreicht sein wird, die Auflösung des für Deutschland unent- 
behrlichen Zollvereins zu vermeiden ist, daher 3) bei der Erneuerung des- 
selben eine Verbesserung seiner schlechten Verfassung unerläßlich scheint.“ 
V. Beschlleßt die Versammlung „dem preußischen Abgeordnetenhause für 
seine Haltung bezüglich des Militär-Etats, welche für die Entwicklung des 
constitutionellen Lebens Deutschlands von der höchsten Bedeutung ist, ihre 
Anerkennung auszusprechen.“ 
4. Oct. (Hessen -Darmstadt). Versammlung der 5 Handelskam- 
 
 
 
 
mern des Landes in Mainz behufs einer Vorberathung über die 
Verhandlungen des deutschen Handelstages in München. 
Die Mehrheit spricht sich dafür aus, daß die Annahme des Handels- 
vertrags im Interesse des inländischen Handels liege; daß man daher auf 
diese Annahme auch dann hinwirken müsse, wenn hierdurch die Zoll- 
einigung mit Oesterreich ausgeschlossen werden sollte; daß jedoch die An- 
bahnung eines Handelsvertrags zwischen Oesterreich und dem Zollverein 
nach Sicherung des Fortbestandes desselben mittelst Ratification des preußisch- 
französischen Vertrags eben falls zu erstreben sei. 
(Baden). Der frühere Staatsrath Karl Matthy wird reac- 
tivirt und zum vorsitzenden Mitgliede des Finanzministeriums er- 
nannt. 
5. (Liechtenstein). Der Fürst verleiht seinem Ländchen eine 
constitutionelle Verfassung. 
6. (Nationalverein). Die Generalversammlung des National- 
vereins in Coburg erklärt sich für Wiederaufnahme der Reichs- 
verfassung vom 28. März 1849. Beschlüsse: 
I. In der Bundesreformfrage: „Das deutsche Volk kann nicht mit 
dürftiger Ausbesserung einer Bundesverfassung abgefunden werden, deren
	        
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