Ergänzungen (England). 305
wohl zu erwägen. Er müsse Herrn Hall erklären, sagte er, daß, „wenn die
dänische Regierung unseren Rath verwerfen sollte, J. Maj. Regierung es
Dänemark überlassen müßte, Deutschland auf eigene Verantwortlichkeit die
Stirn zu bieten“. Herr Hall erwiderte, er kenne sehr wohl die Gefahren,
die Dänemark drohen würden; wenn es den Rath zurückwiese, aber die
Gefahr der Annahme schiene ihm noch größer. Gegenwärtig seien der
König und sein Volk einig, und diese herzliche Einigung sei eine gewal-
tige Schutzwehr. Aber durch die Zurücknahme der Verfassung würde dieser
große Vortheil verloren gehen. Die russische Regierung habe die Politik der
dänischen Regierung stets mit ungünstigen Augen betrachtet, aber von J. M.
Regierung habe er ein wohlwollenderes Urtheil erwartet. Die Unterredung
dauerte noch eine geraume Zeit, aber sie blieb ohne Ergebniß. — General
Fleury hatte ein Separatgespräch mit Herrn Hall und reiste am selben Tage
nach Berlin ab. — Unmittelbar nach Lord Wodehouse und Herrn v. Ewers kam
Sir A. Paget zu Herrn Hall und unterstützte die Gründe von Lord Wode-
house, indem er einen neuen hinzufügte. Herr Hall sei der Schöpfer der
neuen Verfassung, die so laute Beschwerden deranlasse, und der König dürfe
daher erwarten, daß auch Herr Hall selbst ihre Aufhebung beantrage. „Der
König"“, sagte Sir A. Paget, „ist für die vorhandene Krisis in keiner Weise
verantwortlich. Er hat bei seiner Thronbesteigung die Maßregel, der nichts
als die königliche Unterschrift fehlte, fertig vorgefunden, und Ihre Excellenz
wissen besser, als irgend Jemand, was die Folgen gewesen wären, wenn er
die Unterzeichnung verweigert hätte.“ Um des Königs und um des Landes
willen also ersuche er ihn (Hall), selber die Aufgabe zu übernehmen, die doch,
wenn die Monarchie nicht als Opfer fallen solle, Einer oder der Andere werde
ausführen müssen. Herr Hall erwiderte, daß es seiner Ueberzeugung nach
für die Dynastie und das Land das Beste sein würde, eine Stellung in Schleswig
einzunehmen und dort einen Angriff Deutschlands abzuwarten. Selbst wenn
es ihm nicht unmöglich wäre, selbst die Aufhebung seiner eigenen, eben durch-
gegangenen Maßregel vorzuschlagen, und selbst wenn er die Annahme eines
solchen Vorschlages durchsetzen könnte, was er für eben so unmöglich halte,
so sehe er nicht ein, welchen Vortheil es Dänemark bringen würde. Es
werde ihm keine Hilfe versprochen für den Fall, daß Deutschland in seiner
Angriffspolitik beharre; es sei nicht einmal eine Aussicht auf ein Innehalten
mit der Execution vorhanden. Man habe die Zurücknahme des Patents vom
30. März verlangt; Dänemark habe es zurückgenommen; man habe die Räu-
mung Holsteins verlangt; Dänemark habe es geräumt. Nähme Dänemark
jetzt die Verfassung zurück, so würde irgend ein anderes Zugeständniß ver-
langt werden. Sir A. Paget erwiderte, daß die Zurücknahme der Verfassung
an sich allerdings nicht genügen würde, aber wäre die Verfassung einmal be-
seitigt, o würde den Unterhandlungen kein Hinderniß im Wege stehen. Und
Herr Hall solle doch bedenken, in welcher Lage Dänemark sich befinden würde,
wenn es den Rath der Mächte verworfen hätte, und dann selber schließen,
ob die Annahme des guten Rathes von gar keinem Vortheile für die Mo-
narchie wäre. 1
„ „ Sir Buchanan berichtet aus Berlin über eine Unterredung mit Herrn von
Bismarck, worin der letztere nachwies, daß Preußen durch die Unterzeichnung
des Vertrages von 1852 bloß gegen Dänemark und gegen keine andere Macht
eine Verbindlichkeit übernommen habe. Ferner sagte Herr v. Bismarck: „Wie
die Dinge jetzt stehen, können wir jeden Augenblick, wo wir wollen, den Krieg
haben. Der Krieg hebt jeden Vertrag auf und würde das Lon-
doner Protokoll annulliren, und dann kann die Regierung
die augustenburgische Erbfolge anerkennen. Wenn die letzten Nach-
richten aus Kopenhagen amtliche Bestätigung erßelten sollten, können wir auf
dem Punkte sein, uns an Sie (an England) wegen einer Anleihe behufs
eines großen Krieges zu wenden.“
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