Full text: Europäischer Geschichtskalender. Siebenter Jahrgang. 1866. (7)

296 Anhang. 
die Preußen. Am nächsten Morgen sahen wir sie unglücklicherweise von einer dreifach 
überlegenen Macht umzingell und da wir auf keine Hülfe hosfen konnten, entschlossen 
wir uns eine Capitulation anzunehmen, um nicht unnüßerweise das Vlut unserer 
lapferen Soldaten zu vergießen. Sobald der Krieg zwischen Oesterreich und Preußen 
seinem Ende zuzugehen schien, begaben wir uns nach Wien wo dle Friedensverband- 
lungen soeben eröffnet würden und tichteten an Se. Maj. den König ron Preußen, 
der sich in Nickolsburg befand, ein Schreiben, in welchem wir ihm unsern aus- 
richtigen Wunsch ausdrückten, unsererseits in Friedensverhandlungen min ihm zu 
treten. Gegen alle Gebräuche, welche zwischen Souveränen bestehen, wurde unser 
Schreiben von Sr. Maj. dem König von Preußen nicht angenommen. Trotzdem 
versuchten wir uns die Exhaltung unseres Königreichs durch alle Mittel, die in 
unserer Macht standen, zu sichern. Wir waren sogar gencigk, uns unserer könig- 
lichen Rechte zu Gunsten unseres vielgeliebten Sohnes und Kronerben, Sr. königl. 
Hoheit des Prinzen Ernst August kür den Fall zu begeben, daß Preußen ihn un- 
verzüglich in den Besitz der Krone des Königreichs Hannover setzen würde. Anderer- 
seits ließen unsere kreuen Unterthanen die muthig der harten, willkürlichen und 
despotischen Herrschaft, welche ihnen die preußische Verwaltung auferlegt halte, Wider- 
stand leisteten, keine Gelegenheit rorübergehen zur Kundgebung ihres heißen 
Wunsches, unler einer Dynastie zu verbleiben, welche ihnen theuer ist, die mit ihnen 
seit tausend Jahren das Schicksal des Landes getheilt und die alle Anstrengungen 
gemacht hat, dessen Gedeihen zu sichern und dessen Wohlfahrt zu befestigen. Ver- 
gebliche Anstrengungen! Se. Maj. der König von Preußen hat, nachdem er unser 
Königreich auf eine heimtückische Weise occupirt halte, geglaubt, von demselben definitir 
Besitz ergreisen zu können und hat es am 20. Sept. d. J. als seinen Staaken ein- 
verleibt erklärt. Der einzige Grund, welchen die preußlische Regierung zur Recht- 
sertigung dieses in den Annalen der Geschichte Deutschlands unerhörten Actes der 
Willkür anführt, ist derjenige, welchen sie in dem Rechte der Eroberung zu finden 
glaubt. Aber das Recht der Eroberung setzt einen Krieg nach den Principien des 
Völkerrechts voraus. Allein es gab niemals zwischen uns und dem König von 
Preußen einen solchen Krieg. Er konnte auch, wie wir es schon oben gesagt, nach 
den Grundgesetzen des deutschen Bundes gar nicht statthaben und hätte moralisch 
unmöglich sein sollen von Seiten eines nahen Verwandten, eines befreundeten Son- 
verains, eines deutschen Fürsten. Wir befanden uns daher einsach und klar in dem 
Fall einer rechtmäßigen Vertheidigung gegen einen Angriff, den nichts rechtserligte 
und den wir nicht hervorgerusen haben. 
„Angesichts der angeführten Thatsachen protestiren wir lant und seierlich gegen 
die nicht zu rechtfertigende Invasion in unser Land, die sich die Armeecorps drs 
Königs von Preußen am 15. Juni und den solgenden Tagen erlaubt haben; gegen 
die Occupalion unseres Königreichs durch diese Truppen; gegen die Usurpatien 
unserer Rechte und Prärogative, welche die Agenten Preußens verübt haben und 
nech weiter verüben könnten; gegen die Beschädigungen an unserem Eigenthum, 
unseren Einkünften und Gükern jeglicher Natur, welche wit und unser königliches 
Haus von Preußen erlitten und noch weiter erleiden würden; gegen die Beraubung, 
welche der hannoversche Staatsschatz unter der preußischen Verwaltung erfahren und 
noch ferner erfahren würde; gegen die Verfolgungen, Verluste und Benachtheili- 
gungen, denen unsere treuen Unterthanen in Folge der ungerechten und ungesetzlichen 
Tcte der Verwaltung des Königs von Preußen ausgesetzt waren oder in der Folge 
werden könnten; gegen die Hindernisse, welche die genannte Verwaltung auf brutale 
Weise den Kundgebungen unserer vielgeliebten Unterthanen für die Erhaltung unserer 
Drnastie und der Unabhängigkeit Hannovers in den Weg gelegt hat, während sie 
durch die unlautersten Kunstgriffe Kundgebungen im enkgegengesetzten Sinne hervor- 
gerufen und begünstigt hat; gegen den bösen Willen des Königs von Preußen, welcher 
die Schritte zurückgewiesen hat, die wir bei ihm oder seiner Regierung gemacht oder 
zu machen besohlen, um den Frieden zwischen uns herzustellen. Schließlich pre- 
testiren wir vor allem Angesichts der ganzen Welt gegen die Besitzergreifung unseres 
Käönigreichs und dessen Elnverleibung in Preußen, welche als endgültig vollzogen
	        
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