Deutschland. 85
der beiden Bundesarmeen gemeinsamen Bundeskriegsschatze zu. Die Controle
des letzteren steht der Rationalvertretung zu.
Artikel X. Die Beziehungen des Bundes zu den deutschen Landestheilen
des österreichischen Kaiserstaats werden nach erfolgter Vereinbarung über die-
selben mit dem zunächst einzuberufenden Parlamente durch besondere Verträge
gergelt werden.
10. Juni. (Preußen). Gen. Manteuffel erläßt von Rendsburg aus
folgende Proclemation an die Einwohner des Herzogthums Holstein!
„„Die k. k. österr. Regierung hat sich durch die in der deutschen Bundes-
versammlung am 1. d. M. abgegebene Erklärung thatsächlich von dem Ga-
steiner Vertrage losgesagt. Die Sr. Maj. dem König. von Preußen nach
dem Wiener Frieden zustehenden Sonveränetätsrechte am Herzogthum Holstein
sind durch die einseitig erfolgte Einberufung der Stände verletzt. Mit Wah-
rung dieser Rechte hat Se. Maj. der König mich zu beauftragen geruht.
Ich habe das Herzogthum Holstein daher wieder, wie vor dem Gasteiner
Vertrage, mit preußischen Truppen besetzt. Die Hoffnung, daß die k. k. österr.
Regierung auf eingelegten Protest gegen die Einberufung der Stände diese
Maßregel rückgängig machen werde, ist nicht erfüllt worden. Ich bin da-
durch genöthigt, zur Wahrung der bedrohten Rechte Sr. Maj. des Königs die oberste
Regierungsgewalt auch im Herzogthum Holstein in die Hand zu
nehmen, und thue dieses hierdurch mit der Aufforderung an Alle, insonder-
heit Behörden und Beamte, mei en Anordnungen überall unweigerlich Folge
zu leisten. Ich erkenne das ruhige und besonnene Verhalten, welches die
Einwohner Holstein's ausnahmslos beim Einmarsche der preußischen Truppen
diesen gegenüber beobachtet haben, gern an. Dasselbe ist mir ein neuer Be-
weis, daß die preußenfeindliche Haltung eines Theiles der Presse und der
politischen Vereine der wahren Stimmung der Bevötkerung keineswegs ent-
spricht, und ich erwarte, daß auch das fernere Verhalten mich nirgends zu
Ausnahmemaßregeln nöthigen wird. Sämmtliche politische Vereine
werden geschlossen. Politische Blätter, die seither ohne Concession
herausgegeben worden sind, hören mit dem heutigen Tage so lange zu er-
scheinen auf, bis zu ihrer Herausgabe die gesetzlich vorgeschriebene Concession
eingeholt und ertheilt sein wird. Blätter, die nur auf Anzeigen concessionirt
sind, haben sich auf diese zu beschränken. Die durch Bekanntmachung des
k. k. Herrn Statthalters vom 15. September 1865 eingesetzte holsteinische
Landesregierung in siel ist aufgelöst. Die Mitglieder derselben sind ihrer
Functionen enthoben. Eine Bekanntmachung über die anderweite Organi-
sation der Centralbehörde bleibt vorbehalten. Herr Baron Karl v. Scheel-
Plessen übernimmt auf allerhöchsten Befehl, zugleich als Oberpräsident
für beide Herzogthümer, die Leitung sämmtlicher Geschäfte der Civil=
verwaltung unter der Autorität der höchsten Militärgewalt und wird seinen
Wohnsitz in Kiel haben. Einwohner des Herzogthums olstein! S#. Maj.
der König beabsichtigt, dem Princip der Zusammengehörigkeit entsprechend,
eine Gesammtvertretung der Herzogthümer Schleswig-Holstein in's Leben zu
rufen. Um solche auf legalem Wege anzubahnen, soen die Stände jedes
der beiden Herzogthümer einberufen werden, und die dazu nöthigen Einlei-
leitungen sind bereits getroffen.“
„ „ (Holstein). Das preuß. Hauptquartier befindet sich noch in
Rendsburg; Itzehoe ist mit einer Postenkette umstellt. In Kiel und
andern Orten des Landes finden Volksversammlungen statt, die sich
gegen die preußische Vergewaltigung aussprechen. — Dreißig hol-
steinische Ständemitglieder beschließen in Itzehoe trotz der Besetzung
der Stadt durch die Preußen Sitzung zu halten. Die Preußen
verhaften den österreichischen Regierungscommissär Lesser. Der