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Bundesrechts mit der bundesfreundlichsten Rücksicht gegen die kgl. preußische
Regierung vereinigt zu haben, so hat der Unterzeichnete um so mehr überrascht
sein müssen durch die Bedingungen des Vertrags, welche Seine Durchlaucht
der Prinz Osenburg ihm mitgetheilt hat und über welche derselbe die Er-
klärung der königlichen Regierung verlangt.
„Die erste dieser Bedingungen geht dahin, daß die kgl. ihannoverschen
Truppen sofort auf den Friedensstand vom 1. März d. J. zurückgeführt
werden. Der Unterzeichnete kann in Betreff dieses Punktes nur erklären, daß
daß die königliche Armee sich durchaus nicht im Kriegszustande befindet. Sie
hat nur die jedes Jahr üblichen Exercitien in diesem Jahre früher als sonst
vorgenommen und der Unterzeichnete kann nicht glauben, daß in dieser ein-
sachen Maßregel, bei welcher weder Pferdeankäufe, noch sonst irgend welche
Acte der Mobilisirung vorgenommen sind, eine Feindseligkeit gegen Preußen
erblickt werden könne. Die k. preußische Regierung ihrerseits aber wird
gewiß nicht verkennen, daß die Zurücknahme einer an sich so bedeutungslosen
Maßregel unter den gegenwärtigen Verhältnissen ein schwerer Schlag für die
Ehre der hannoverschen Armee sein würde, und daß Se. Majestät, des Unter-
zeichneten allergnädigster Herr, einer solchen Zumuthung sich niemals unter-
wersen kann. Die zweite Bedingung verlangt, daß Hannorer der Berufung
des deutschen Parlaments zustimme und die Wahlen dazu ausscheide, sobald
es von Preußen geschieht. Der Unterzeichnete beehrt sich, in Betreff dieses
Punktes darauf hinzuweisen, daß die Vorschläge zur Berufung eines deutschen
Parlaments der Bundesversammlung zur Beschlußfassung vorliegen und daß
die k. hannoversche Regierung eingedenk ihrer Bundespflicht eine vom Bunde
abgesonderte Behandlung dieser für die ganze deutsche Nation so hochwich-
tigen und folgenschweren Angelegenheit nicht für zulässig erachten kann.
Wenn drittens Preußen dagegen Sr. Majestät dem Könige ven Hannover
sein Gebiet und seine Souveränetätsrechte nach Maßgabe der Reformvorschläge
vom 14. d. M. gewährleisten will, so kann der Unterzeichnete in der That in
den erwähnten Reformvorschlägen eine Garantie für die Souveränetätsrechte
des Königs, seines allergnädigsten Herrn, nicht erblicken. Die Reformvor=
schläge vom 14. d. M. greifen so lief und so wesentlich in die Souveränetätsrechte
ein, daß sieeiner Mediatisirung gleichen Erfolgbesorgen lassen.
„Wenn hiernach der Unterzelchnete sich in der Lage erklären muß, die von
Sr. Durchlaucht dem Prinzen zu Ofenburg Namens der k. preußischen Re-
gierung ihm mitgetheilten Vertragsbedingungen abzulehnen, so kann er dabei nur
auf das entschiedenste wiederholen, daß die k. hannoversche Regierung sich
bewußt ist, auf dem Boden des unanfechtbaren, völkerrechtlich garantirten
Bundesrechts zu stehen, und daß das Festhalten an diesem Rechte nach ihrer
Ansicht der k. preußischen Regierung keine Veranlassung bieten könne, das
Königreich Hannover als im Kriegszustand mit Preußen befindlich zu be-
trachten. Die königlich hannoversche Regierung hält unabänderlich daran fest,
daß das Bundesrecht den Krieg zwischen Bundesgliedern verbiete, und sie
wird daher keine kriegerische Maßregeln gegen die verbündete kgl. preußische
Regierung vornehmen, so lange ihre Grenzen nicht angegrissen werden. Zu
einem solchen Angriff aber kann die k. hannoversche Regierung auch bei der
egenwärtigen Spannung weder einen Rechtsgrund noch selbst eine politische
Veranlassung finden und mag auch jetzt der Hoffnung nicht entsagen, ihre
bundesfreundliche Gesinnung und deren stets erfolgte Bethätigung von der
k. preußischen Regierung anerkannt und das bisherige für beide Regierungen
werthvolle nachbarliche Verhältniß erhalten zu sehen.
Die städtischen Collegien der Residenz versammeln sich spät Abends
und beschließen, einen Versuch beim Könige zu machen, damit der
Stadt und dem Lande das Schicksal feindlicher Occupation erspart
bleibe. Der König empfängt sie in der Nacht im Beisein der