Full text: Europäischer Geschichtskalender. Siebenter Jahrgang. 1866. (7)

96                                       Deutschland. 
 
Bundesrechts mit der bundesfreundlichsten Rücksicht gegen die kgl. preußische 
Regierung vereinigt zu haben, so hat der Unterzeichnete um so mehr überrascht 
sein müssen durch die Bedingungen des Vertrags, welche Seine Durchlaucht 
der Prinz Osenburg ihm mitgetheilt hat und über welche derselbe die Er- 
klärung der königlichen Regierung verlangt. 
„Die erste dieser Bedingungen geht dahin, daß die kgl. ihannoverschen 
Truppen sofort auf den Friedensstand vom 1. März d. J. zurückgeführt 
werden. Der Unterzeichnete kann in Betreff dieses Punktes nur erklären, daß 
daß die königliche Armee sich durchaus nicht im Kriegszustande befindet. Sie 
hat nur die jedes Jahr üblichen Exercitien in diesem Jahre früher als sonst 
vorgenommen und der Unterzeichnete kann nicht glauben, daß in dieser ein- 
sachen Maßregel, bei welcher weder Pferdeankäufe, noch sonst irgend welche 
Acte der Mobilisirung vorgenommen sind, eine Feindseligkeit gegen Preußen 
erblickt werden könne. Die k. preußische Regierung ihrerseits aber wird 
gewiß nicht verkennen, daß die Zurücknahme einer an sich so bedeutungslosen 
Maßregel unter den gegenwärtigen Verhältnissen ein schwerer Schlag für die 
Ehre der hannoverschen Armee sein würde, und daß Se. Majestät, des Unter- 
zeichneten allergnädigster Herr, einer solchen Zumuthung sich niemals unter- 
wersen kann. Die zweite Bedingung verlangt, daß Hannorer der Berufung 
des deutschen Parlaments zustimme und die Wahlen dazu ausscheide, sobald 
es von Preußen geschieht. Der Unterzeichnete beehrt sich, in Betreff dieses 
Punktes darauf hinzuweisen, daß die Vorschläge zur Berufung eines deutschen 
Parlaments der Bundesversammlung zur Beschlußfassung vorliegen und daß 
die k. hannoversche Regierung eingedenk ihrer Bundespflicht eine vom Bunde 
abgesonderte Behandlung dieser für die ganze deutsche Nation so hochwich- 
tigen und folgenschweren Angelegenheit nicht für zulässig erachten kann. 
Wenn drittens Preußen dagegen Sr. Majestät dem Könige ven Hannover 
sein Gebiet und seine Souveränetätsrechte nach Maßgabe der Reformvorschläge 
vom 14. d. M. gewährleisten will, so kann der Unterzeichnete in der That in 
den erwähnten Reformvorschlägen eine Garantie für die Souveränetätsrechte 
des Königs, seines allergnädigsten Herrn, nicht erblicken. Die Reformvor= 
schläge vom 14. d. M. greifen so lief und so wesentlich in die Souveränetätsrechte 
ein, daß sieeiner Mediatisirung gleichen Erfolgbesorgen lassen. 
„Wenn hiernach der Unterzelchnete sich in der Lage erklären muß, die von 
Sr. Durchlaucht dem Prinzen zu Ofenburg Namens der k. preußischen Re- 
gierung ihm mitgetheilten Vertragsbedingungen abzulehnen, so kann er dabei nur 
auf das entschiedenste wiederholen, daß die k. hannoversche Regierung sich 
bewußt ist, auf dem Boden des unanfechtbaren, völkerrechtlich garantirten 
Bundesrechts zu stehen, und daß das Festhalten an diesem Rechte nach ihrer 
Ansicht der k. preußischen Regierung keine Veranlassung bieten könne, das 
Königreich Hannover als im Kriegszustand mit Preußen befindlich zu be- 
trachten. Die königlich hannoversche Regierung hält unabänderlich daran fest, 
daß das Bundesrecht den Krieg zwischen Bundesgliedern verbiete, und sie 
wird daher keine kriegerische Maßregeln gegen die verbündete kgl. preußische 
Regierung vornehmen, so lange ihre Grenzen nicht angegrissen werden. Zu 
einem solchen Angriff aber kann die k. hannoversche Regierung auch bei der 
egenwärtigen Spannung weder einen Rechtsgrund noch selbst eine politische 
Veranlassung finden und mag auch jetzt der Hoffnung nicht entsagen, ihre 
bundesfreundliche Gesinnung und deren stets erfolgte Bethätigung von der 
k. preußischen Regierung anerkannt und das bisherige für beide Regierungen 
werthvolle nachbarliche Verhältniß erhalten zu sehen. 
Die städtischen Collegien der Residenz versammeln sich spät Abends 
und beschließen, einen Versuch beim Könige zu machen, damit der 
Stadt und dem Lande das Schicksal feindlicher Occupation erspart 
bleibe. Der König empfängt sie in der Nacht im Beisein der
	        
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