Allgemeine Chronik.
T.
tisch-großdeutsche Agitation gegen das Wehrgesetz stellen diese beiden Parteien
einen Antrag auf Herabsetzung der Präsenzzeit und des Militäretats.
11. März. (Nußland: Ostseeprovinzen.) Auch der esthländische Landtag richtet
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eine Adresse um Schutz der vertragsmäßigen Landesrechte (petition of rights)
an den Kaiser.
„ (Oesterreich-Ungarn: Osterrreich). Die Polen verlangen im Ausschuß
des Abg.Hauses für die galizische Frage, nicht bloß eine selbständige, dem
Landtage verantwortliche Landesregierung, sondern auch für den Statthalter
die Befugnisse eines Ministerpräsidenten, somit ein förmliches polnisches Mini-
steriums für Galizien. Giskra erklärt sofort, daß die Regierung solchem Be-
gehren niemals ihre Zustimmung geben könne.
„ (Nom). Concil: Die Majorität verlangt ungeduldig vom Präsidium, daß
der Unfehlbarkeitsfrage der Vorrang vor allen anderen eingeräumt werde
„ (Deutschland). Die sog. katholischen Vereine und der an ihrer Spitze
stehende spezisisch katholische Adel demonstriren gegen die „unbesugten“ Kund-
gebungen einer Anzahl deutscher Gelehrter wider die Unfehlbarkeit des Papstes.
„ (Nordd. Bund). Der Reichstag modifizirt den ihm vom Bundesrathe
vorbelegten Entwurf eines Strafgesetzbuches mehrfach in entschieden liberalem
Sinne.
„ (Verein. Staaten). Auch Texas wird wieder zur Vertretung im Con-
greß zugelassen.
„ (Oesterreich-Ungarn: Oesterreich). Die Polen berathen bereits über
ihren Austritt aus dem Reichsrath.
„ (Nordd. Bund: Schwarzburg-Rudolstadt). Der Landtag verweigert neuer-
dings die Erhöhung der Steuern und Sporteln und gesteht wiederum nur
die Aufnahme eines Anlehens zu. Der Fürst scheint, da die norddeutsche
Bundesregierung nicht geneigt ist, ihm gegen den Landtag unter die Arme zu
greifen, nachgerade seinerseits nachgeben zu wollen.
„ (Oesterreich-Ungarn: Oesterreich). Der Ministerrath kommt bez. der
Frage der Wahlreform des Reichsraths zu keinem Beschluß. Der Kaiser
äußert Bedenken gegen ein Vorgehen ohne die (niemals zu gewärtigende) Zu-
stimmung der Landtage.
„ (Spanien). Die Regierung erläßt ein Decret, das den Clerus verpflichtet,
binnen zwei Monaten den Verfassungseid zu leisten. Viele Priester verwei-
gern denselben; nur wenige Bischöfe leisten ihn, die übrigen verweigern ihn
von Rom aus.
„ (Nußland: Opbserprovinzen) Der Kaiser weist die Adresse des livländischen
Landtags entschieden zurück.
„ (Oesterreich-Ungarn: Oesterreich). Der Ministerrath beschließt, die
Frage der Wahlreform des Reichsraths für diese Session fallen zu lassen.
„ (Deutschland — Württembergg). Die Agitation der Volkspartei gegen
das Kriegsdienstgesetz hat circa 150,000 Unterschriften gegen dasselbe zusammen-
gebracht. Die Adressen werden der Kammer übergeben. Das Ministerium
Varnbüler bictet in Folge davon seine Entlassung an.
„ (Frankreich). Der Kaiser bevollmächtigt Ollivier durch einen offenen Brief
an denselben zur Vornahme einer Revision der Verfassung.
„ (Nom). Concil: Der croatische Bischof Stroßmayer wagt es, der Festsetzung
von Glaubensartikeln durch bloße Majoritäten entgegenzutreten und für die
Religiosität so vieler hervorragender Protestanten sein Wort einzulegen und
erregt dadurch von Seite der Majorität einen ganz unerhörten Scandal.
„ (Deutschland — Württemberg). Der König modifizirt das Ministerium,
vertagt die Kammer und zieht das Budget zurück. Die Presse bezeichnet das
neue Ministerium als eine „Regierung der Energie“. Um den Wünschen des
Landes entgegenzukommen, soll indeß am Militärbudget eine halbe Million
erspart werden, doch ohne die neue Organisation selbst in Frage zu stellen.
Die Opposition erklärt sich dadurch keineswegs befriedigt.