Full text: Europäischer Geschichtskalender. Elfter Jahrgang. 1870. (11)

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Preußen und der norddeutsche Pund. 
geregelten Wege Mittheilungen über den Gang der politischen Lage gemacht 
werden. Es liegt in der Natur der den Ausschüssen des Bundesraths über- 
haupt zugewiesenen Functionen, daß die Instruirung der Gesandten diesem 
Ausschuß nicht zufallen kann; er wird seinerseits Kenntniß von der Lage der 
Dinge nehmen und wird in der Lage sein, durch diese Kenntniß, durch An- 
träge, die er an den Bundesrath stellt, durch Bemerkungen, die er dem Prä- 
sidium macht, auf die Behandlung der Politik einen Einfluß auszuüben. Ich 
habe ferner zu erwähnen den Artikel über die Execution. Es ist die Aende- 
rung, die dieser Artikel erhalten hat, eine factisch in der That nicht wesent- 
liche; die Veranlassung zu der Aenderung liegt hauptsächlich auf dem Gebiete 
der internationalen Convenienz. Ich komme endlich bei Besprechung der hieher 
gehörigen Aenderungen auf den Zusatz, welchen der Art. 11 der Vundesver- 
fassung in Beziehung auf die Kriegserklärung erhalten hat. Dieser Zusatz 
läßt sich unzweifelhaft charakterisiren als eine Verstärkung des föderativen Ele- 
ments in der Bundesverfassung; sein wirklicher Charakter liegt aber in citwas 
Anderem. Je mächtiger der Bund wird, je weiter er sich ausdehnt, um so 
mehr ist es von Interesse, auch dem Auslande gegenüber in der Bundesver- 
fassung selbst zum. Ausdruck zu bringen, was der Bund ist, nämlich ein we- 
sentlich defensives Staatswesen. Dieser Gedanke konnte in keiner zutreffenderen 
Weise zum Ausdruck gebracht werden, als durch den Zusatz, den Sie hier in 
den Art. 11 ausgenommen finden. Einige die Finanzen betreffende Aenderun- 
gen der Bundesverfassung waren nicht zu vermeiden. Sie betreffen die inneren 
Steuern von Bier und Branntwein. Theils ganz besondere staatsrechtliche 
Verhältnisse, wie sie z. B. in Bayern in Betreff der Malzsteuer in ihrem Zu- 
sammenhange mit der Staatsschuld obwalten, theils abweichende Betriebsver- 
hältnisse, wie sie in Süddeutschland gegenüber Norddeutschland bestehen, ließen 
es jedenfalls zur Zeit nicht zu, die Besteuerung des Viers und Branntweins, 
wie sie jetzt im Bunde gesetzlich besteht, auf Süddeutschland auszudehnen. Es 
kam dazu, daß, wie den Herren allen bekannt ist, bei uns selbst erhebliche 
Zweifel über die Richtigkeit der Grundlage für die Branntweinsteuer und, wie 
ich glaube, eine ziemlich allgemeine Uebereinstimmung darüber obwaltet, daß 
die Biersteuer, so wie sie besteht, nicht lange mehr fortdauern kann, und daß 
in einem Augenblicke, wo man bekanntlich sich mit eingehenden Ermittlungen 
darüber beschäftigt, ob an Stelle der Maischraumsteuer eine Fabrikatsteuer ge- 
setzt werden soll, sei es so oder so, — wo man sich ferner mit der Frage be- 
schäftigt, ob die Bierbesteuerung, wie sie in dem größten Theile des norddeut- 
schen Bundes besteht, einer Abänderung zu unterziehen sei, — in solchem 
Augenblicke konnte man nicht füglich den süddeutschen Staaten zumuthen, diese 
beiden Steuerformen anzunehmen. Die nothwendige Consecquenz dieses Zuge- 
ständnisses war, daß in Beziehung auf diese Steuern dafür Vorsorge getroffen 
werden mußte, wie ihre Behandlung sowohl im Bundesrathe, als im Reichs- 
tage Statt zu finden hat. Man konnte nicht wohl davon ausgehen, daß die 
süddeutschen Regierungen im Bundesrathe über Steuern mit zu beschließen 
hätten, die auf sie keine Anwendung finden; und eben so wenig, daß die süd- 
deutschen Abgeordneten im Reichstage die entscheidende Stimme bei solchen 
Steuerfragen mit abgeben dürfen. Es hat diese Erwägung geführt zu den 
beiden Ausnahme-Bestimmungen, die sowohl im Kapitel vom Bundesrathe, 
als im Kapitel vom Reichstage hinsichtlich derjenigen Angelegenheiten sich fin- 
den, die nicht dem ganzen Bunde gemeinschaftlich sind. Sodann wurde von 
Bayern sowohl, als von Württemberg ein entscheidender Werth auf die Bei- 
behaltung der eigenen Verwaltung der Posten und Telegraphen gelegt. 
Es beruhte der Werth, den man der Erhaltung dieser beiden Institutionen in der 
Selbstverwaltung beilegte, auf verschiedenen Motiven. Das finanzielle Motiv, 
wie ich gleich bemerke, war nicht das wesentlich entscheidende. Man wünschte 
theils, dem Verkehr liebgewordene Einrichtungen zu erhalten, welche man bei 
dem Uebergange auf den Bund für gefährdet hielt; man wünschte Beamten-
	        
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