Preußen und der norddeutsche Bund. 143
einstimmenden Wunsche der deutschen Nation und ihrer Vertreter werde ich
den Ruf der Vorsehung erkennen, dem ich mit Vertrauen auf Gottes Segen
folgen darf. Es wird Ihnen, wie mir zur Genugthuung gereichen, daß ich
durch Se. Maj. den König von Bayern die Nachricht erhalten habe, daß das
Einverständniß aller deutschen Fürsten und freien Städte gesichert ist, und die
amtliche Kundgebung desselben bevorsteht.“
21. Dez. (Der Krieg). Neuer großer, aber wiederum fruchtloser Aus-
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fall aus Paris. — Tours ergibt sich.
„ (Luxemburgy). Die Kammer beschließt bez. der Differenz mit
Preußen wegen Verletzung der Neutralität einstimmig eine Tages-
ordnung, in der es heißt:
„Die Kammer prüfte auf das Eingehendste die Antwort des großherzogl.
Staatsministeriums auf die Note des norddeutschen Bundeskanzlers. Sie ent-
nimmt derselben mit Befriedigung die Ueberzeugung, daß die zur Begründung
jenes ernsten Entschlusses angeführten Thatsachen nicht bestehen, oder nicht die
Bedeutung haben, die ihnen auf Grund irriger und übertriebener Privat-
berichte beigemessen wird. Die Kammer will, wie stets seit Beginn des Krie-
ges, im Einverständniß mit der Regierung die genaueste Erfüllung der Neu-
tralitätspflichten und die strengste Beobachtung der internationalen Rücksichten.
Sie ist bereit, jeder Maßregel zuzustimmen, welche die Erfüllung dieser Auf-
gabe erleichtern und zu weiteren freundschaftlichen Beziehungen zu dem Nach-
barstaat beitragen könnte. Gleichzeitig aber ist sie überzeugt, daß die durch
den Londoner Vertrag dem Großherzogthum garantirte Stellung keinerlei
Abänderung erfahren kann ohne die freie verfassungsmäßige Einwilligung des
Landes und ohne die Zustimmung sämmtlicher Mächte, die sich verpflichtet
haben, diese Stellung zu achten und zu garantiren. Die Kammer hofft, daß
Deutschland und die andern Staaten, aufgeklärt und befriedigt durch die
großherz. Mittheilungen, dem Lande das Wohlwollen bewahren werden, das
sie ihm bis heute bewiesen haben.“
„ (Preußen). Das Abg.-Haus hat 10 von den 18 Gruppen
des Budgets für 1871 erledigt und vertagt sich bis zum 5. Ja-
nuar 1871.
Eine Uebersicht der Stärke der Parteien und Fractionen des neugewählten
Hauses ergibt folgende Verhältnisse: Die Nationalliberalen haben beim
Abschluß der vorigen Legislaturperiode 97 Mitglieder gezählt; sie zählten bei
Eröffnung der gegenwärtigen Session 106 Mitglieder, haben also im Ganzen
um 9 Mitglieder sich vermehrt. Von den ältern Mitgliedern sind 63 wieder-
gewählt; von den nicht wiedergewählten 35 sind 3 gestorben, und von den
Übrigen 32 sind 16 durch andere Nationalliberale, 16 durch Mitglieder anderer
Parteien ersetzt worden, und zwar: 8 durch Conservative, 6 durch Clericale, 1 durch
einen Particularisten, 1 durch einen Altliberalen. Demgemäß hat die nat.-lib.
Partei 28 Sitze gewonnen, welche früher andern Parteien zugehörten, während sie
19 frühere Sitze an andere Parteien oder solche Abgeordnete abgegeben hat,
welche sich bis jetzt noch keiner Partei angeschlossen haben. Die Fortschritts-
partei hat im vorigen Jahre 47 Mitglieder gezählt; von ihnen sind 26
wiedergewählt; 21 Sitze dagegen hat die Partei eingebüßt, dagegen sind 3
durch andere Mitglieder der Fortschrittspartei ersetzt und etwa 13 Sitze neu
gewonnen, so daß der wirkliche Verlust nur 5 Sitze beträgt. Am meisten
unter den Liberalen eingebüßt hat das linke Centrum. Von 34 Mitglie-
dern sind 16 nicht wiedergewählt, während bis jetzt neue Mitglieder der Frac-
tion noch nicht hinzugetreten, 6 frühere Mitglieder aber andern Fractionen
beigetreten sind, so daß die Fraction des linken Centrums thatsächlich als auf-
gelöst betrachtet werden darf. Die Altliberalen haben in der vorigen