188 Die süddeutschen Staaten.
— Mai. (Baden). Die erzibischöfliche Curie von Freiburg protestirt
gegen die von beiden Kammern genehmigten Gesetze bez. Stistungen
und bez. Gelehrtenschulen.
1. Juni. (Hessen). Neue Pensionirungen höherer Militärs auf
Preußens Begehren. Die Zahl der Pensionirungen wird aber doch
nunmehr als geschlossen betrachtet.
Der norddeutsche Bund figurirt erst jetzt im hessischen Hof= und
Staatshandbuch. Die öffentliche Meinung sieht darin einen Erfelg
der Reise des Großherzogs nach Berlin.
„ (Bayern). Die patriotische Partei organisirt in Altbayern
einen Adressensturm gegen das siebente Schuljahr der Volksschule.
— „ (Württemberg). Auch der ständische Ausschuß erklärt sich mit
den von der Regierung beabsichtigten Abstrichen am Militärbudget
nicht zufrieden.
9. „ (Bayern). II. Kammer: Beginn der Budgetdebatte. Greil
referirt über den Ausgabe-Etat ausschließlich der Militärausgaben,
Kolb über den Militärctat. Beide schlagen starke Abstriche in fast
allen Theilen des Budgets vor, um jedes Defizit und damit jede
Erhöhung der Stenern zu vermeiden. ½ »
Greil schließt seinen Commissionsbericht überdies mit folgenden Bemer-
kungen: „Es unterliegt keinem Zweifel, daß wir in unserm socialen Leben sehr
stark an den Norden gekettet sind. Referent verlangt auch nicht, daß das
Band, welches den Süden noch mit dem Norden zusammenhält, zerrissen
werde; aber es darf auch nicht übersehen werden, daß Preußen wiederholt
Bedingungen für Erhaltung dieses Bandes gesetzt hat, welche nur mit Wider-
willen angenommen werden konnten. Es ist sehr zu fürchten, daß etwas
Aehnliches nach Ablauf der Periode, für welche der Zollvertrag geschlossen ist,
wieder geschehe. Deshalb liegt Alles daran, daß sich Bayern in eine Lage
versetze, daß es nicht mehr genöthigt ist, Bedingungen ohne Weiteres anzu-
nehmen, sondern eher Bedingungen zu stellen. Dazu ist eine kräftige Weiter-
entwicklung unseres industriellen Lebens, eine Vervollständigung unseres Eisen-
bahnnetzes mit Hinblick auf die angedeutete Eventualität und die Knüpfung
socialer Bande mit dem Süden und Osten nothwendig. Referent stellt darum
den Antrag, dem Ministerium des Handels und der öffentlichen Arbeiten und
zugleich dem Ministerium des Aeußern den Wunsch auszusprechen, rechtzeitig
diejenigen Vorkehrungen für das sociale Leben Bayerns zu treffen, welche
uns der Gefahr entziehen, für Forterhaltung des Zoll-
vereins Bedingungen annehmen zu müssen, welche den Bestand
der Selbstän digkeit Bayerns und dessen Ehrebeeinträchtigen.“
Kolb beantragt im Militäretat Abstriche, die sich im Ganzen auf mehr
als 2 Mill. fl. beziffern. Der wirkliche Bedarf für die Armee stellt sich nach
dem ministeriellen Voranschlage auf 15,700,000 fl., nach seinen Reducirungen
auf 12,657,368 fl., somit niedriger um 3,042,632 fl., oder niedriger als der
Etat für die IX. (letztvergangene) Finanzperiode um 2,300,456 fl. Da man sich
aber schon im 6. Monat der X. Finanzperiode befindet und die Erledigung
des Budgeks sowohl, als die erforderlichen Umbildungen im Heerwesen Zeit
erfordern, so schlägt Referent die Bewilligung von weiteren 862,671 fl. vor,
so daß der Militäretat für jedes Jahr der laufenden Finanzperiode 13,520,039 fl.