212
Die süddeutschen Staaten.
26. Sept. (Bayern). Der gemäßigtere Theil der patriot. Majorität der
29.
Abgeordnetenkammer (unter Leitung des Präsidenten Weis) spricht
sich in einer Versammlung in München gegen einen Eintritt Bayerns
in den bestehenden norddeutschen Bund und dagegen für Auflösung
desselben und Ersetzung desselben durch einen neuen, auch die süd—
deutschen Staaten umfassenden Bundesstaat, oder aber, da dies
kaum möglich sein werde, für die Gründung eines „weiteren Bundes
zwischen dem Nordbunde und den süddeutschen Staaten“ aus.
„ (Württemberg). Der offiz. „Staatsanzeiger“ dementirt noch
nach der Rückkehr des Ministers v. Mittnacht aus München das
Gerücht von der Geneigtheit Württembergs, in den norddeutschen
Bund einzutreten.
2. Ock. (Württemberg). Eine in Canstatt abgehaltene, aus allen
——“"
Theilen des Landes stark besuchte Notablenversammlung nimmt ein-
stimmig eine Adresse an den König an, worin keine constituirende
Versammlung, kein sogenanntes weiteres Bundesverhältniß, sondern
der Anschluß an die Verfassung des norddeutschen Bundes ver-
langt wird.
(Bayern). Die Regierung zieht (in Folge der durch die Ful-
daer Conferenz der Vischöfe vom 31. Aug. (s. nordd. Bund) total
veränderte Sachlage) ihre an die theologischen und juristischen Facul-
tälen der Universitäten München und Würzburg gerichteten Fragen
über den Einfluß der Concilsbeschlüsse auf das Verhältniß zwischen
Staat und Kirche zurück.
„ (Bayern). Der Bischof von Regensburg protestirt in einer
Zuschrift an den König gegen den Erlaß vom 9. August, der das
kgl. Placet für die Veröffentlichung der Concilsbeschlüsse forderte.
. Demgemäß muß ich bekennen, daß ich nach dem höchsten Erlasse v.
9. Sci. 1854 den Vollzug des Concordats betr., ad III. Ziff. 2, die erneu-
erte Forderung des Placet, zumal für rein dogmatische Derrete, wie solche
die Constitutio dogmatica de fide catholica und die Constitutio dogmatica
prima de Ecclesia Christi trotz aller entgegenstehenden, der Unwissenheit oder
Feindseligkeit entsprungenen Behauptungen sind und bleiben, nicht mehr er-
wartet oder befürchtet hätte. Getreu meiner Amtspflicht als katholischer Bi-
schof und im Hinblick auf die Nothwendigkeit vor allem meinen Clerus, zu-
mal gegenüber den Entstellungen in einer gewissen Tagespresse, über das, was
auf dem valicanischen Concil bisher beschlossen worden ist, zu unterrichten,
habe ich die genannten Constitutionen in meinem Verordnungsblatt einfach
mittheilen lassen. Den Charakter einer eigentlichen Publication im juridischen
Sinne hat diese Mittheilung um so weniger, als es bekannt sein muß, daß
die feierliche Publication in der öffentlichen Sitzung des Concils selbst bei
dogmatischen Decreten die bezügliche Rechtswirkung vollkommen in sich schließt,
und daher eine weitere Publication zu diesem Zweck in den einzelnen Diöcesen
weder nothwendig noch angezeigt ist."“ Der Bischof, welcher sich mit der Hoff-
nung schmeichelt, man werde sein Vorgehen — zumal „im Zusammenhalt
mit Maßnahmen der Staatsgewalt, welche theologische und juristische Facul-
1