Die füddeutschen Staaten. 227
dieser Ausschuß eine Bedeutung erlangt, wird davon abhängen, ob wir in
der Lage sein werden, die entsprechenden Männer in diesen Ausschuß abzuord-
nen. Sind die Mitglieder dieses Ausschusses so, daß ihre Ansichten Werth
haben, daß der Träger der deutschen Politik es nicht leichten Kaufs wagen
darf, über die geäußerten Ansichten hinwegzugehen, dann wird dieser Ausschuß
eine wesentliche Bedeutung haben. Wenn nicht, dann mag das eintreten, was
der Abg. Windthorst in Berlin gesagt hat, daß der Ausschuß die Depeschen
um einige Tage früher zu lesen bekommt, als sie dem ganzen Publikum in
den Zeitungen vorgelegt werden.“ Ferner über die künftigen Militärver-
hältnisse Bayerns: „Man hat dem Vertrage den Vorwurf gemacht, es
seien beim Abschluß der Versailler Verhandlungen die Rechte der Krone so
weit als irgend thunlich gewahrt, die Rechte des Volkes aber bei Seite gesetzt
worden. Ich fühle es sehr wohl, wie viel an diesen Vorwürfen in Beziehung
auf das Kapitel, von dem ich eben zu sprechen begonnen habe, begründet ist.
Allerdings sind manche berechtigte Wünsche in Beziehung auf diesen Punkt
beim Abschluß des Vertrages nicht berücksichtigt worden. Aber solgende Gründe
sind es, die uns trotz Allem und Allem zum Abschlusse der hierauf bezüg-
lichen Vertragsbestimmungen veranlaßt haben. Das Eine ist, wir haben uns
überzeugt, für den nordd. Bund und mehr noch: auch für den durch Hessen,
Baden und Württemberg erweiterten Bund ist es für die nächste Zukunft absolut
unmöglich, eine Abminderung der Militärlast zu erreichen. Wenn wir also
keine Steigerung der Militärlast wollten, so blieb uns nur das Eine übrig,
Nein zu sagen zu dem ganzen Vertrage, und das glaubten wir — gedenken
Sie gütigst meiner Erörterung über die geographische und politische Stellung
Bayerns — nicht thun zu dürfen, das schien uns unmöglich. Das Zweite
ist: In einem Bunde kann nicht ein Theil in Beziehung auf die Last, die
man mit Aufopferung von Gut und Blut bezeichnet, besser gestellt werden als
ein anderer Theil, es müssen alle Theile die gleiche Last auf den Schultern
tragen. Es ist ein absolut unzulässiger Standpunkt, daß Bayern den Uebri-
gen gegenüber gesagt hätte: Wir sind ein bedeutender Staat, ihr müßt froh
sein, uns in eure Mitte zu bekommen, aber wenn es zum Zahlen und zum
Tragen von Lasten kommt, dann wollen wir ein Privilegium. Den Stand-
punkt konnten wir nicht vertreten, und hätten wir es versucht, so hätte es zu
keinem Resultate geführt. Die Steigerung dieser Last, die übrigens, ich darf
Ihnen das nicht verschweigen, umsoweniger abzuwenden war, als die Stellung,
die dieses Haus zum Militärbudget bei unsern Berathungen im Sommer ein-
genommen hatte, unsere Lage außerordentlich erschwert hat, diese Steigerung
der Last ist nur eine vorübergehende. Es ist nicht davon die Rede, daß dem
Volke das Recht genommen ist, über die Bestimmung der Militärlast mitzu-
sprechen, mitzurathen und mitzubeschließen. Nein, im Gegentheile, die Bestre-
bungen, welche Ihren, wie ich glaube, zu weit gehenden Anträgen zu Grunde
liegen, diese Bestrebungen werden an einem andern Orte im Vereine mit den
Abgeordneten des ganzen übrigen deutschen Volkes, wie ich nicht zweifle, neu
aufgenommen werden, und dort wird es am Platze sein, daß auch die baye-
rische Stimme diesen Lasten gegenüber sich erhebe. Damit das Recht hiezu
dem bayerischen Volke nicht verkürzt werde, war es absolut unumgänglich,
mindestens die Feststellung des Gesammtbudgets dem Reichstag zu übertragen,
denn natürlich nur unter dieser Voraussetzung allein ist es zu erreichen, daß
die bayerischen Abgeordneten ibr Wort und ihre Stimme in dem Reichstag
auch bezüglich des Militärbudgets in die Wagschale werfen. Wer weiß, ob es
nicht möglich gewesen wäre — ich glaube es nicht —, aber wer weiß, ob es
nicht möglich gewesen wäre, mit gewissen Vorbehalten die Feststellung des
Budgets überhaupt dem bayerischen Landtage zu vindiciren. Aber als
natürliche Folge davon hätte das anerkannt werden müssen, daß die baye-
rischen Abgeordneten bei der Festsetzung des Budgets im Reichstage dann nicht
mitzusprechen haben; gleichwohl aber hätten wir die Grundlage für unser
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