230 Die süddeutschen Staaten.
trioten und 3 Liberalen und wählt sofort den entschiedensten Gegner
der Verträge, Abg. Jörg, zu seinem Referenten.
— „ (Bayern). Bischof Reither von Speyer fsuspendirt einen Caplan
wegen Widerspenstigkeit gegen das Unfehlbarkeitsdogma.
16. „ (Baden). II. Kammer: Debatte über die Verträge mit dem
norddeutschen Bunde und die Militärconvention mit Preußen. Die
ersteren werden einstimmig (auch die 4 Abgeordneten der katholischen
Partei stimmen zu), die letzteren mit allen gegen 1 Stimme ange-
nommen und eine Dankadresse an den Großherzog zu richten be-
schloßen.
Debatte: Eckhard trägt als Berichterstatter über die Verträge mit
dem norddeutschen Bunde auf Genehmigung an, obwohl er die durch Bayern
in die Bundesverfassung gebrachten Veränderungen und die von demselben ge-
wonnenen Sonderrechte Bayerns einer einläßlichen Kritik unterzieht und die
empfindlichen Mängel der neuen unendlich verwickelten Verfassung lebhaft her-
vorhebt. Zum Schluß spricht er es als einstimmigen Wunsch der Commission
aus, daß Baden, nachdem es nun in die große nationale Gemeinschaft einge-
treten, auch für sich selbst in allen Beziehungen die nothwendigen Folgerungen
ziehe. Die Vereinigung des badischen Contingents mit dem deutschen Heer
mache selbstverständlich ein besonderes badisches Kriegsministerium überflüssig;
ebenso aber werden ein besonderes Ministerium der auswärtigen Angelegen-
heiten und besondere badische Gesandtschaften entbehrt werden können. Kiefer
als Berichterstatter über die Militärconvention begründet die vollständige Ver-
einigung des badischen Contingents mit dem deutschen Heer als ein Werk,
durch das Baden den in militärischen Dingen einzig correcten Standpunkt ein-
nehme. Dem bei jedem Anlaß bewiesenen hochherzigen Patriotismus des Groß-
herzogs sei auch dieser große Fortschritt zu danken, durch den Baden, so viel
an ihm gelegen, die Schwäche der übrigen Verträge gut gemacht habe. Aller-
dings habe es auch hierin das vollkommen Angemessene nicht erreichen können,
da es das, was eine gemeinsame Institution des Reichs sein sollte, durch
cine besondere Abkunft mit Preußen habe herbeiführen müssen. Aber es sei
zuversichtlich zu hoffen, daß mit der Zeit jene nothwendige Gemeinsamkeit
werde erreicht werden; bis dahin werde die von Baden abgeschlossene Conven-
tion nicht nur dem Ganzen, sondern namentlich auch Baden selbst frommen.
Denn es gebe für die Einzelstaaten keine klügere Politik, als eine ehrlich na-
tionale. Staatsminister Jolly: Zuerst rechtfertigt er die Regierung wegen
der unterlassenen Berufung der Kammern im Juli. Dieselbe sei unmöglich
gewesen. Nachdem am 13. Juli bekanntlich ganz Europa die Kriegsgefahr
für beseitigt gehalten, sei plötzlich am 15. in Paris der Entschluß zum Kriege
verkündigt worden. Noch denselben Abend habe die großh. Regierung die
Mobilmachung der badischen Division beschlossen, gewiß, darin mit dem pa-
triotischen Willen der Bevölkerung übereinzustimmen und lediglich zu thun,
was die Kammern seit vier Jahren gewünscht in Bezug auf den unbedingten
Anschluß Badens an die nationale Sache. In den nächsten Wochen, wo man
jeden Augenblick auf eine NRäumung Karlsruhe's habe gefaßt sein müssen, sei
eine Berufung der Kammern ebenso wenig thunlich gewesen. Auch habe das
Land damals so einmüthig und fest seinen Entschluß bekundet, mit allen Mitteln
und auf jede Gefahr hin seine Pflicht gegen Deutschland zu thun, daß die Re-
gierung wohl die ausdrückliche Zustimmung der Kammern unter so ganz
abnormen Verhältnissen habe entbehren können. Die schweren Sorgen jener
Wochen seien dann durch die herrlichen Siege des August verscheucht und ein
glücklicher Ausgang des Krieges so rasch verbürgt worden, daß schon Ende
Augusts die großh. Regierung für angemessen habe halten müssen, die für