248 Anhang von Aktenstücken zur deutschen Verfassungsfrage.
digung wird Bayern im Wege jeweiliger spezieller Vereinbarung zugestehen. An den
Kosten für den Bau und die Ausrüstung solcher Befestigungsanlagen auf seinem
Gebiete beteiligt sich Bayern in dem seiner Bevölkerungszahl entsprechenden Ver-
hältnisse gleichmäßig mit den andern Staaten des deutschen Bundes; ebenso an den
für sonstige Festungsanlagen etwa Seitens des Bundes zu bewilligenden Extraordi-
narien. VI. Die Voraussetzungen, unter welchen wegen Bedrohung der öffentlichen
Sicherheit das Bundesgebiet oder ein Teil desselben durch den Bundesfeldherrn in Kriegs-
zustand erklärt werden kann, die Form der Verkündung und die Wirkungen einer solchen
Erklärung werden durch ein Bundesgesetz geregelt. VII. Vorstehende Bestimmungen
treten mit dem 1. Jan. 1872 in Wirksamkeit. § 6. Die Art. 69 u. 71 der Bundesver-
fassung finden auf die von Bayern für sein Heer zu machenden Ausgaben nur nach
Maßgabe der Bestimmungen des vorstehenden Paragraphen Anwendung, Art. 72
aber nur insoweit, als dem Bundesrate und dem Reichstage lediglich die Über-
weisung der für das bayerische Heer erforderlichen Summe an Bayern nachzuweisen
ist. § 7. Die in den vorstehenden §§ 1—6 enthaltenen Bestimmungen sind als ein
integrierender Bestandteil der Bundesverfassung zu betrachten. In allen Fällen, in
welchen zwischen diesen Bestimmungen und dem Texte der deutschen Verfassungsurkunde
eine Verschiedenheit besteht, haben für Bayern lediglich die ersteren Geltung und Ver-
bindlichkeit. § 8. Die unter Ziff. II § 26 dieses Vertrages aufgeführte Übergangs-
bestimmung des nunmehrigen Art. 79 der Verfassung findet auf Bayern in Anbe-
tracht der vorgerückten Zeit und der Notwendigkeit mannigfaltiger Umgestaltung an-
derer mit dem Gegenstande der Bundesgesetzgebung im Zusammenhang stehender Ge-
setze und Einrichtungen keine Anwendung. Die Erklärung der im norddeutschen
Bunde ergangenen Gesetze zu Bundesgesetzen für das Königreich Bayern bleibt viel-
mehr, soweit diese Gesetze auf Angelegenheiten sich beziehen, welche verfassungsmäßig
der Gesetzgebung des deutschen Bundes unterliegen, der Bundesgesetzgebung vorbehal-
ten. IV. Da in Anbetracht der großen Schwierigkeiten, welche teils die vorgerückte
Zeit, teils die Fortdauer des Krieges der Aufstellung eines Etats für die Militär-
verwaltung des deutschen Bundes für das Jahr 1871 und beziehungsweise der Fest-
stellung der von Bayern auf sein Heer zu verwendenden Gesamtsumme für dieses
Jahr entgegenstellen, die Bestimmungen unter III. 8 5 dieses Vertrages erst mit dem
1. Januar 1872 in Wirksamkeit treten, wird der Ertrag der im Art. 35 bezeichneten
gemeinschaftlichen Abgaben für das Jahr 1871 nicht zur Bundeskasse fließen, sondern
der Staatskasse Bayerns verbleiben, dagegen aber der Beitrag Bayerns zu den Bun-
desausgaben durch Matrikularbeiträge aufgebracht werden. V. Diejenigen Vorschrif-
ten der Verfassung, durch welche bestimmte Rechte einzelner Bundesstaaten in deren
Verhältniß zur Gesamtheit festgestellt sind, insbesondere, soviel Bayern angeht, die
unter Ziff. III dieses Vertrages aufgeführten Bestimmungen können nur mit Zustim-
mung des berechtigten Bundesstaates abgeändert werden. VI. Gegenwärtiger Vertrag
tritt mit dem 1. Januar 1871 in Wirksamkeit. Die vertragsschließenden Teile
geben sich deshalb die Zusage, daß derselbe unverweilt den gesetzgebenden Faktoren
des norddeutschen Bundes und Bayerns zur verfassungsmäßigen Zustimmung vor-
gelegt und, nach Erteilung dieser Zustimmung, im Laufe des Monats Dezember
ratifiziert werden wird. Die Ratifikationserklärungen sollen in Berlin ausgetauscht
werden. Zur Urkunde dessen haben die Eingangs genannten Bevollmächtigten diesen
Vertrag in doppelter Ausfertigung am heutigen Tage mit ihrer Namensunterschrift
und ihrem Siegel versehen. So geschehen Versailles, den 23. November 1870.
v. Bismarck, v. Roon, Bray-Steinburg, Frhr. v. Pranckh, v. Lutz.
Schlußprotokoll. Bei der Unterzeichnung des Vertrages Über den Ab-
schluß eines Verfassungsbündnisses zwischen Sr. Maj. dem Könige von Preußen
Namens des norddeutschen Bundes und Sr. Maj. dem Könige von Bayern sind die
unterzeichneten Bevollmächtigten noch über nachstehende vertragsmäßige Zusagen und
Erklärungen übereingekommen: I. Es wurde auf Anregung der königlich bayerischen
Bevollmächtigten von Seite des k. preußischen Bevollmächtigten anerkannt, daß, nach-
dem sich das Gesetzgebungsrecht des Bundes bezüglich der Heimats= und Nieder=
lassungsverhältnisse auf das Königreich Bayern nicht erstreckt, die Bundeslegislative