Österreich-Ungarn. 257
13. Jan. (Österreich). Reichstag, Abg. Haus: Die Adresskommission
nimmt im Wesentlichen den Adressentwurf Tinti an, der sich ent-
schieden für die Aufrechthaltung der Verfassung, aber doch gemäßigt
gegenüber den Föderalisten ausspricht und in den die sog. Autono-
misten noch einige mildernde Amendements hineinbringen.
14— 15. „ (Österreich). Reichsrath, Herrenhaus: Adressdebatte.
Der Adressentwurf des Grafen Anton Auersperg (gegen die Minister-
Minorität) wird mit 57 gegen 27 Stimmen angenommen.
Der Kaiser nimmt nunmehr, ohne auch noch die Adressdebatte
des Abg. Hauses abzuwarten, die Demission der Minister-Minorität, der
Grafen Taaffe und Potocki sowie des Dr. Berger, an und beauftragt
den Minister Plener (von der Minister-Majorität) mit Vorschlägen
zum Zweck des Ergänzung des Ministeriums.
15. „ Der Reichsfinanzminister v. Becke k. Die ungarischen Blätter
schlagen als Nachfolger sofort den ungarischen Finanzminister Lonyay
vor, um auch der transleithanischen Reichshälfte eine Vertretung im
gemeinsamen Ministerium zu gewähren.
„ „ (Öesterreich: Dalmatien). Die nach Montenegro geflüchteten
Insurgenten kehren allmählig zurück und genießen die erteilte
Amnestie. Das Verbot, Waffen zu tragen, sowie das Standrecht
für den ganzen Bezirk Cattaro werden aufgehoben. Die Communi-
cation mit dem Fort Dragagl ist frei. «
17.,,(Österreich:Dalmatien).Auch die Poborianerunterwerfen
sich. Die Presse bezeichnet den Vorgang wieder als Komödie.
v „ (Österreich). Reichsrath, Abg. Haus: Die Polen reichen noch
vor dem Eintritt in die Adressdebatte die galizischen Resolutionen
wieder ein. Dieselben werden an eine Spezialkommission von
24 Mitgliedern gewiesen.
19—28. „ (Oesterreich). Reichsrath, Abg. Haus: Adressdebatte. Der
Entwurf Tinti wird schließlich unverändert mit 114 gegen 57 Stim-
men angenommen. Die sechs ultramontanen Tyroler (wovon vier
geistliche Herren) ergreifen eine Gelegenheit, um ihren Austritt aus
dem Reichsrath zu erklären. — Zunächst soll nunmehr eine kurze
Pause gemacht werden, bis sich das Ministerium neu konstituirt hat,
und dann die galizische Resolulion in Angriff genommen werden.
Nachdem unter dem Eindrucke der Adressdebatte und der Abstimmung des
Herrenhauses der Kaiser die Demission der drei Minister der Minderheit an-
genommen hatte, findet die Adreßdebatte des Abgeordnetenhauses unter wesent-
lich veränderten Umständen statt, da es sich nunmehr zumeist darum handelt,
auf die Neubildung des Ministeriums, den Geist und die Nichtung der künf-
tigen Politik Einfluß zu nehmen. War schon die Adresse des Abg. Hauses in
ihrem ersten Entwurfe gerinate) weniger schroff und ablehnend gehalten als
jene des Herrenhauses, so gaben einzelne von den Autonomisten vorgeschlagene
Amendements, die von der Adresskommission angenommen worden waren,
dem Entwurf, wie er vor das Haus kam, einen noch versöhnlicheren Charakter.
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