Full text: Europäischer Geschichtskalender. Elfter Jahrgang. 1870. (11)

274 Gesterreich-Angarn. 
Ideen der Mäßigung und der Vorsicht zur Geltung zu bringen, so können 
wir uns zu einem solchen Erfolg nur Glück wünschen, obschon, ich wiederhole 
es, unsere Action ganz unabhängig ist und in allen Fällen unabhängig blei- 
ben muß von der der Mitglieder des Concils. 
12. Apr. (Oesterreich). Der Kaiser entläßt das Ministerium Giskra- 
Herbst und ernennt Potocki zum Ministerpräsidenten und Leiter ves 
Ackerbauministeriums, Taaffe zum Minister des Innern und Leiter 
des Landesvertheidigungsministeriums, Hofrath Tschabuschnigg zum 
Justizminister und Leiter des Cultusministeriums, und überträgt dem 
Sectionschef Distler die Leitung des Finanzministeriums, ferner dem 
Sectionschef Depretis die Leitung des Handelsministeriums. Ersicht- 
lich ist und soll das neue Ministerium nur ein Uebergangsmini- 
sterium sein. 
20. „ Cardinal Antonelli beantwortet endlich die Note Beusts vom 
10. Februar und zwar ablehnend im Wesentlichen dahin: 
Die Kirche wisse recht gut, bis zu welchen Grenzen ihre Macht reiche, ver- 
kenne aber auch nicht die Grenzen der weltlichen Machtsphäre; sie wache eifer- 
süchtig über die eigenen Prärogative, achte aber in gleicher Weise die weltlichen 
Gerechtsame. Demnach sei schon der bloße Verdacht, daß die Kirche über ihr 
Gebiet hinausgreifen wolle, ein Anlaß zu unangenehmer Ueberraschung, da 
hiedurch die Voraussetzung ausgesprochen werde, als gedenke sie sich über die 
Grenzen ihrer göttlichen Autorität auszubreiten. Wenn aber die Kirche sich 
auch gewissenhaft innerhalb ihrer Grenzen halte, so könne sie doch in keiner 
Weise sich in der Ausübung ihres Amtes behindern lassen. Ihr seien ihre 
Grenzen von ihrem göttlichen Gründer klar vorgezeichnet in der ihr gewor- 
denen Mission; sowie nun diese Mission darin bestehe, die Menschen zur ewi- 
gen Glückseligkeit zu leiten, so habe auch die Kirche das Recht und die Pflicht, 
die Völker zu belehren, die Gemüther zu erleuchten und die Willenskräfte in 
allem zu lenken, was irgendwie Bezug habe auf moralische und ethische, zu 
gedachtem Ziele führende Verpflichtungen und Normen. Solchem Recht und 
solcher Verpflichtung könne und werde die Kirche zu keiner Zeit, an keinem 
Ort und aus keinem wie immer gearteten Grund entsagen. Hierin liege 
der Grund, aus welchem die Kirche jederzeit, ohne die Ordnung der Staaten 
damit zu beeinträchtigen, Glaubens= und Morallehren vorgeschrieben habe; 
die Fürsten hätten darin keine Veranlassung zur Beunruhigung finden können, 
sondern seien vielmehr, in kluger Würdigung des Einflusses der kirchlichen 
Action auf den Gang der bürgerlichen Gesellschaft, bekanntermaßen zu wieder- 
holtenmalen als Vertheidiger der ausgesprochenen Doctrinen aufgetreten, und 
hätten deren vollständige Einhaltung durch den Beistand königlicher Macht 
gefördert. Uebrigens müsse betont werden, daß man mit dem mehrerwähnten 
Constitutionsproject durchaus nicht die Absicht verbinde, in die vom hl. Stuhle 
mit den Regierungen behufs der Regelung der Beziehungen zwischen Kirche 
und Staat bei Punkten gemischter Competenz, abgeschlossenen Concordate Ver- 
änderungen oder Modificationen einzuführen, da die Entscheidungen des öcu- 
menischen Concils über die in dem besagten Project enthaltenen Punkte in 
keiner Weise die besagten Conventionen alteriren sollen, falls nur die Regie- 
rungen in den sie angehenden Richtungen von den eingegangenen Verpflichtun- 
gen nicht abfallen würden. 
25. „ (Oesterreich). Der Ministerpräsident Potocki leitet Unterhand- 
lungen mit den Führern der verschiedenen nationalen Parteien, den 
Czechen, Polen, Slovenen 2c. ein behufs eines Ausgleichs auf Grund- 
lage der Verfassung.
	        
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