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Versprechen halten", und erklärt sich bereit, allen und jeden Inter-
pellationen Rede zu stehen.
8. Jan. Die Rechte des gesetzgeb. Körpers beschließt in einer Partei-
versammlung bei Baron David, dem Ministerium nicht von vorne-
herein feindlich entgegenzutreten, sondern dasselbe vielmehr wo mög-
lich zu unterstützen.
9. „ Die Regierung sucht den Anforderungen der mächtigen Partei
der Schutzzöllner wenigstens theilweise gerecht zu werden und dieser
Agitation die Spitze abzubrechen, indem sie durch Decret die bloß
zeitweilige Zulassung von Eisen und von Baumwollgeweben aufhebt.
Seit 1854 werden an diesem Tage die auswärtigen Journale
zum ersten Mal ohne Censur ausgegeben. Gleichzeitig wird den
inländischen Blättern ohne Ausnahme das Recht des öffentlichen
Verkaufes gestattet.
11. „ Gesetzgeb. Körper: Ollivier entwickelt das Programm des neuen
Ministeriums:
„Die Kammer weiß, daß während ihrer Abwesenheit ein Cabinet gebildet
worden ist. Dieses Cabinet erachtet es für seine Pflicht, dem gesetzgebenden
Körper die Gründe seiner Entstehung und die Politik, welche es zu verfolgen
gedenkt, auseinanderzusetzen. Die Wiederkehr des parlamentarischen Régime's
mußte natürlich neue Männer an's Ruder bringen. Diese Männer, welche
heute vor Ihnen stehen, werden im Besitze der Regierung dieselben bleiben, die
sie in der Opposilion gewesen sind; sie werden eine liberale, ebenso ihren Prin-
cipien als den Wünschen des Landes entsprechende Politik befolgen. Unsere
Absichten sind Ihnen bekannt; sie sind in unserm gemeinschaftlichen Programm
klar niedergelegt, und wir haben den festen Willen, sie zur Durchführung zu
bringen. Für unser Werk haben wir zunächst das ganze Vertrauen des Sou-
veräns nöthig; er hat es uns mit einer Großherzigkeit gegeben, für welche die
Geschichte ihm dankbar sein wird. (Beifall.) Wir bedürfen ferner des ganzen
Vertrauens der Mehrheit. und wir bitten sie um dasselbe. In der täglichen
Praxis werden wir die größten Rücksichten für jedermann haben, ebenso für
die Mehrheit, welche uns folgt und stützt, wie für die Opposition, deren Kri-
tiken uns nicht minder nothwendig sein werden, als der Beistand unserer
Freunde. Ja, wir wollen einer Politik der Versöhnung und der Beschwich-
tigung huldigen, und an uns soll es nicht liegen, daß nicht alle schlechten Lei-
denschaften und kränkenden Erinnerungen der Vergessenheit anheimfallen. An
dem Tage, an welchem irgendwelche Gruppe dieser Versammlung in diesem
Lande die Mehrheit erlangt, werden wir in Ihre Hände, in welchen Bänken
sie auch sitzen möge, die schwere Verantwortlichkeit, die Geschäfte des Landes zu
leiten, niederlegen. (Sehr gut!) Wir rufen also den guten Willen Aller an:
unser Ziel ist die Versöhnung, die Beschwichtigung; in allen Momenten unse-
res ministeriellen Daseins werden wir uns durch unsere Handlungen und unser
Betragen bestreben, eine gemeinsame Strömung von Freiheit, Aufrichtigkeit
und Ehrlichkeit herzustellen, damit sie die Vorwürfe, die bittern Erinnerungen,
den Haß und die schlechten Leidenschaften hinwegreiße. Auf diese Weise können
wir alle zusammen das herrlichste Werk, welches von politischen Männern ge-
schaffen werden kann, wiederherstellen; wir können das nie erreichte Ideal aller
großen Geister verwirklichen: die dauerhafte Gründung einer nationalen Re-
gierung, die sich mit Festigkeit, wie mit Geschmeidigkeit, den wechselnden Be-
dürfnissen der Dinge und den stetigen Umwandlungen der Ideen anpasse, die,
indem sie das Aufsteigen der neuen Generationen begünstigt und deren Hoff-