Nom. 417
der Oecumenicität eines Concils, daß völlige Freiheit auf demselben
herrsche, Freiheit des Redens, Freiheit des Stimmens. .... Sollte sich also
zeigen, daß auf dem Concil keineswegs „die Ansicht der ganzen katholischen
Welt zusammengetragen“ worden, daß vielmehr Mehrheitsbeschlüsse gefaßt
worden seien, welche mit dem Glauben eines beträchtlichen Theils der Kirche
im Widerspruch stehen, dann würden gewiß in der katholischen Welt die Fra-
gen aufgeworfen werden: Haben unsere Bischöfe richtig Zeugniß gegeben von
dem Glauben ihrer Diöcesen? und wenn nicht, sind sie wahrhaft frei gewesen?
Oder wie kommt es, daß ihr Zeugniß nicht beachtet worden ist? daß sie ma-
jorisirt worden sind? Von den Antworten, die auf diese Fragen ertheilt wer-
den, werden dann die ferneren Ereignisse in der Kirche bedingt
sein. ...“
22. Febr. Concil: Schluß der Verhandlungen über den kleinen Katechis-
mus und Vertheilung von nicht weniger als sechs neuen Schematen
oder Vorlagen. ·
Anf. März. 34 französische Bischöfe unterzeichnen eine „Vorstellung“
gegen die neue Geschäftsordnung vom 20. Februar und gegen eine
Entscheidung über Glaubenssachen durch bloße Kopfzahl-Mehrheit.
23 deutsche und österreichisch-ungarische Vischöfe unterzeichnen dieselbe
gleichfalls mit einigen Zusätzen, 10 oder 12 andere deutsche nehmen
eine kürzere, aber etwas schärfer und präcisfer gefaßte Adresse an.
Auch einige Orientalen schließen sich an, während die Nordamerikaner
zu keinem Entschlusse kommen.
Schon darin zeigen sich die Minoritätsbischöfe nicht einig, und doch handelt
es sich nur um eine „Vorstellung“ oder Petition, auf welche der Papst keine
Rücksicht nimmt und wiederum auch nicht einmal eine Antwort ertheilt. Von
k einem eigentlichen Protest und einer Erklärung, die dahinginge, daß sie an
einer solchen, den Bedingungen aller bisherigen Concile widersprechenden Ver-
sammlung fernerhin nicht theilnehmen würden, ist gar nicht die Rede.
„ Diie päßpstl. Curie thut endlich den entscheidenden Schritt, indem sie
dem Concil einen Zusatzartikel zu dem Schema über den römischen
Papst, der die Unfehlbarkeit desselben als Glaubensartikel aus-
spricht, zugehen läßt, zugleich mit einem „Monitum“ an die Bäter.
Vorlage: „Zusatzkapitel zu dem Decret über den Primat des römischen
Papstes, besagend, daß der römische Papst in der Definition von Sachen des
Glaubens und der Moral nicht irren könne. Die heilige römische Kirche besitzt
den höchsten und vollen Primat und Principat über die gesammte katholische
Kirche, welchen sie von dem Herrn selbst durch den hl. Petrus, den Apostelfürsten,
dessen Nachfolger der römische Papst ist, mit der Fülle der Macht empfangen
zu haben wahrhaftig und demüthig erkennt. Und wie sie vor den Uebrigen
gehalten ist, die Glaubenswahrheit zu vertheidigen, so müssen auch etwaige
Fragen, welche in Bezug auf den Glauben entstehen möchten, durch ihr Ur-
theil definirt werden, und weil der Ausspruch unseres Herrn Jesu Christi
nicht zu übergehen ist, wo er sagt: „Du bist Petrus 2c." Was hier gesagt
ist, wird durch die Folgen bewiesen, indem beim apostolischen Stuhle die ka-
tholische Religion immer unbefleckt bewahrt und die Lehre stets hochgehalten
worden ist. Daher lehren wir mit Zustimmung des heiligen Concils und de-
finiren es als ein Dogma des Glaubens, daß kraft des göttlichen Beistandes
der römische Papst, von dem in der Person des heil. Petrus gleichfalls von
unserm Herrn Jesus Christus gesagt ist: „Ich habe für dich gebetet r2c.“, nicht
27