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als der Kopf, die gesammte Kirche. Nun ist aber der unfehlbar, der trägt,
und nicht der, welcher getragen wird, also u. s. w. Der Beifall der Süd-
Italiener und Spanier ist enthufiastisch. Die deutschen rc. Bischöfe schämen sich.
14. Mai. Concil: Beginn der Generaldebatte über die Vorlage vom rö-
Mitte
19.
mischen Papst und seiner Unfehlbarkeit.
Vorher hatten die Gegner des Dogma's Alles aufgeboten, um diese Ent-
scheidung hinauszuschieben, und da es ihnen nicht geglückt ist, so treten sie mit
dem größten Widerwillen und mit dem Bewußtsein einer schon im Voraus
erlittenen Niederlage in den verhängnißvollen Kampf ein. Umsonst wurde von
einigen Bischöfen der Versuch gemacht, den Papst zu erweichen. Denn, da es
unzweifelhaft war, daß, wenn man in regelmäßiger Weise fortfuhr, die der
Unfehlbarkeitsfrage vorausgehenden Schemata zu discutiren, die heiße Jahres-
zeit mit ihren Miasmen herankommen und die dann unvermeidlich gewordene
Vertagung des Concils das Dogma im höchsten Grade gefährden würde, so
drang in der Curie der Vorschlag durch, in der Sache sogleich und rücksichts-
los vorzugehen. Angesichts dieses Vorhabens suchte die Opposition noch durch
einen feierlichen Schritt demselben zu begegnen. Es sollte nämlich aus ihrer
Mitte eine Deputation, bestehend aus mehreren Bischöfen der verschiedenen
Nationen (für Deutschland ein deutscher, böhmischer und ungarischer), an den
Papst abgeordnet werden, mit Purcell von Cincinnati als Wortführer an der
Spitze, um in directester Weise ernste Vorstellungen zu erheben. Eben aus
Furcht vor dieser Demonstration und um alle auf sie gesetzten Hoffnungen
rasch abzuschneiden, ließ die Curie eiligst die Synopsis Animadversionum,
d. h. einen Auszug aus den 139 theils dem Dogma der Unfehlbarkeit zu-
stimmenden, theils es bekämpfenden Gutachten der Bischöfe vertheilen. Die
Stimmen scheiden sich darin fast zu gleichen Hälften für die beiden Parteien;
einige der Gutachten aber haben mehrere Autoren zugleich. So sind es z. B.
einmal 4 Ungarn, dann 16 Dominikaner, einmal sogar 25 Bischöfe, die ein
und dasselbe Gutachten gemeinsam abgeben. Alle Meinungsäußerungen sind
anonym abgedruckt, doch lassen sich zum Theil ihre Autoren, wie z. B. Nau-
scher, Schwarzenberg, Fürstenberg, Krementz, Dupanloup, Clifford, Kenrick u. a.,
leicht erkennen. Zu bemerken ist, daß einige dieser Gutachten wörtlich abge-
druckt, andere, namentlich diejenigen von Seiten der Opposition, auf schlaue
Weise enistellt sind, so daß unter ihren Urhebern sehr bittere Gefühle wach
wurden. In Folge dieses raschen Handstreichs mit der Vertheilung der Sy-
nopsis erachtete es die Opposition nicht mehr für rathsam, ihre Deputation
abgehen zu lassen, und so unterblieb dieselbe. Dagegen wird eine Erklärung,
von 77 Bätern unterschrieben, an die Präsidenten abgegeben, worin gegen die
Umkehrung der festgestellten Ordnung, welche der Infallibilität zu Lieb vor-
genommen wurde, sehr energisch protestirt wird. Es steht darin das scharfe
Wort: daß man wohl wisse, daß keine Antwort zu erwarten sei: man wolle
aber keinen Zweifel an der Freiheit des Concils aufkommen und die Bischöfe
nicht vor aller Welt lächerlich machen lassen.
„ Ein Versuch der Curie, eine Anleihe von 60 Mill. Lire auf
Grundeigenthum der Kirche und milder Stiftungen bei Rothschild zu
machen, um das regelmäßige Jahresdefizit von 36 Mill. zu decken
und außerdem die großen durch das Concil verursachten Kosten auf-
zubringen, scheitert an der Ablehnung Rothschild's.
„ Ein Breve des Papstes an den ultramontanen Journalisten Louis
Veuillot belobt ihn für seine Thätigkeit unter der niedern Geistlich-
keit Frankreichs im Interesse der Unfehlbarkeitssache gegen ihre fal-
libilistisch gesinnten Bischöfe.