Rom. 431
Bischof Ketteler macht seinerseits einen Kniefall vor dem Papste,
um ihn zu erweichen. Auch das ist umsonst. Die gesammte Mit-
norität, 115 Bischöfe, verlassen Rom.
18. Juli. Concil: Vierte öffentliche Sitzung unter dem Vorsitze des
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Papstes. Bei der Abstimmung über die Constitutio de ecclesia, do
romano pontifice mit der unbedingten Unterordnung der Bischöfe
unter den Papst und der Erklärung der Unfehlbarkeit des letztern,
wird nunmehr Alles mit 547 Stimmen gegen bloß 2 angenom-
men. Der Papst verkündet die Beschlüsse. Ansprache an die Ver-
sammlung:
„Groß ist die Autorität in dem Papste, aber diese Autorität zerstört nicht,
sondern baut auf, drückt nicht nieder, sondern hält aufrecht, und zumeist ver-
theidigt sie die Rechte der Brüder, nämlich der Bischöfe. Wenn Einige nicht
wohl mit Uns dachten, so mögen sie wissen, daß sie in Erregung urtheilten,
sie mögen sich aber auch erinnern des Wortes: „Nicht in der Erregung ist der
Herr." Sie mögen sich erinnern, daß sie wenige Jahre früher in Unserer
Gesinnung und in der Gesinnung dieser erhabenen Versammlung überein-
kamen. Wie also? gibt es zwei Gewissen? gibt es zwei Willen in derselben
Sache? Das sei fern! Wir bitten demnach Gott, daß Er, der allein große
Wunder thut, ihren Geist und ihre Herzen erleuchte, damit alle zurückkehren
an die Brust des Vaters, das ist des Papstes, des unwürdigen Stellvertreters
Jesu Christi, damit er sie umarme, und damit sie mit Uns arbeiten gegen
die Feinde der Kirche Gottes. Gebe Gott, daß sie mit Augustinus sagen
können: „Du hast uns ein wunderbares Licht gegeben, und nun sehe ich.“
O, möchten doch Alle sehen! Gott segne euch!"
„ Französische und deutsche Söldner in der päpstlichen Armee keh-
ren zahlreich nach Hause zurück.
„ Der Otberbefehlshaber der französischen Occupationstruppen,
General Dumont, erhält den Befehl, die französischen Truppen in
Civitavecchia zu concentriren, um sie auf den ersten Wink nach
Frankreich einschiffen zu können.
2. Aug. Die französische Regierung zeigt der italienischen die Zurück-
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berufung der Occupationstruppen aus dem Kirchenstaat und die
Rückkehr zur Septemberconvention an. Die italienische Regierung
geht darauf ein, benützt aber eben diese Convention, um Truppen an
der römischen Grenze aufzustellen.
„Die päpstliche Regierung läßt die von den Franzosen geräumten
Punkte durch päpstliche Truppen besetzen. In der sog. Antibeslegion
zeigt sich eine bedenkliche Gährung, da ein beträchtlicher Theil der—
selben nach Frankreich zurückzukehren verlangt.
„Cardinal Antonelli constatirt in einer Depesche an den Nuntius
in Brüssel, daß eine besondere Notification der durch das Concil
anerkannten Unfehlbarkeit des Papstes ganz überflüssig wäre, da sie
der Papst ja am 18. Juli im Concil möglichst feierlich bestätigt
und proclamirt habe:
. . Es ist daher diese Constitution für die ganze katholische Welt obli-