Full text: Europäischer Geschichtskalender. Elfter Jahrgang. 1870. (11)

504 Flebersicht der Ereignisse des Tahres 1870. 
Messinesen eigenhändig geschrieben hat und dessen sonnenklare Echtheit in 
einem eigenen Buche noch besonders nachzuweisen, der Jesuit Inchover sich 
die ganz überflüssige Mühe gegeben hat. Unter den Gegenrednern waren 
die bedeutendsten: Hefele, Rauscher,; Simor, Darboy, Connolly, 
Stroßmayer, Maret, Schwarzenberg, Dupanloup. Der Letztere 
schloß mit den Worten: „Wenn jemals die moralische Einstimmigkeit für 
eine dogmatische Entscheidung nothwendig war, so ist dies bei einem Concil 
wie das vaticanische der Fall, wo man 270 italienische Bischöfe zählt, von. 
denen 143 dem Kirchenstaat angehören; dann 43 Cardinäle, von denen 
23 keine Bischöfe sind oder keinen bischöflichen Stuhl einnehmen; weiter 
120 Erzbischöfe, oder Bischöfe in partibus; endlich 51 Aebte oder Orbens- 
generale; während die Bischöfe aller katholischen Länder von Europa; mit 
Ausnahmes: von Italien, die auf dem Concil gegenwärtig sind, nur auf die 
Zahl von 265 sich belaufen, so daß alle die Patriarchen, Primate, Erz- 
bischöfe und Diöcesanbischöfe der ganzen Welt schon den italienischen Prä- 
laten allein gegenüber in der Minderheit sind. Auf einem der Art zu- 
sammengesetzten Concil kann niemals üdie einfache Mehrheit entscheiden, 
um so weniger, wenn auf demselben sich noch die persönliche Intervention 
des Papstes fühlbar macht, wenn der Freiheit der Bischöfe so viel be- 
trächtliche Einschränkungen auferlegt werden, wenn die Frage (über die 
Unfehlbarkeit des Papstes) rücksichtslos und gewaltsam nur durch einen. 
neuesten souveränen Akt, durch eine Art von Staatsstreich zur Berathung 
gebracht worden ist, wenn schon Beängstigung der Gewissen entsteht und 
Aufsehen erregende Schriften, Zeichen dieser Besorgnisse der Gläubigen, in: 
Umlauf kommen, endlich wenn die Bischöfe selbst ihren gepreßten Herzen 
einen Aufschrei entschlüpfen lassen, den die ganze Presse wiederholt. Bei- 
solcher Lage der Dinge Alles durch einen Mehrheitsstreich abzumachen, ist. 
unmöglich. Geschieht es aber doch, so ist jedes Unheil zu befürchten. Und 
das bin nicht ich allein, das sind hundert. Bischöfe, die da sagen: Wir- 
würden, auf unserem Gewissen eine unerträgliche Last empfinden. Wir 
müßten befürchten, daß der öcumenische Charakter des Concils in Zweifel 
gezogen, daß den Feinden der Religion ein reicher Stoff dargeboten würde, 
um den hl. Stuhl und das Concil anzugreifen, daß überhqupt das Concil 
in den Augen des christlichen Volkes um seine Autorität gebracht würde 
— weil es kein wahres, kein freies gewesen. Und in so bewegten Zei- 
ten, wie die gegenwärtigen sind, könnte ein größeres Unheil nicht gedacht. 
werden.“
	        
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