44 Preußen und der norddeutsche Pund.
11. Febr. (Preußen). Abg.Haus: Staatsrechnung von 1868. Der
Antrag der Budgetcommission, die gesetzwidrige Etatsüberschreitung
des frühern Finanzministers v. d. Heydt nicht zu genehmigen, wird
mit großer Mehrheit angenommen und mit 166 gegen 155 Stim-
men beschlossen, aus den Acten der Staatsschulden-Verwaltung die
Stellung der letzteren zu dem Vorgange zu constatiren.
Virchow als Berichterstatter erklärt, es handle sich hier um eine der
schwersten Gesetzverletzungen, die je in Preußen begangen worden, und erinnert
an die berühmten Worte: „Wir werden das Geld nehmen, wo wir es sinden“.
Finanzminister Camphausen plaidirt lediglich für mildernde Umstände.
Bismarck gibt die formelle Rechtsverletzung, von der er damals nichts ge-
wußt, unumwunden zu, hofft aber auf Indemnität im Sommer. Die Luxem-
burger Frage habe mit der Sache nichts zu thun, und sein angezogencs ge-
flügeltes Wort sei in eine Kriegszeit gefallen, und er habe es zu den Todten
des Jahrs 1866 gelegt. Schließlich spendct er dem Patriotismus, der Uneigen-
nützigkeit und der Ausdauer v. d. Heydts reiches Lob, und bittet um Nachsicht für
einen Mann, der dem Staat in einer schweren Zeit so große Dienste geleistet
und in drei Tagen die Mittel für den Krieg von 1866 beschafft habe. Der
Finanzminister gibt endlich unter lebhaftem Beifall die Erklärung ab:
daß er Operationen wie die vorliegende niemals machen werde; daß er aber,
wenn jemals die Noth ihn dazu treiben sollte, bei der ersten Gelegenheit dem
Haus ossen und loyal davon Mittheilung machen werde.
12. „ (Preußen). Schluß des Landtags im Auftrage des Königs
durch den Grafen Bismarck:
„Bei der Eröffnung der gegenwärtigen Sitzungsperiode war es der Wunsch
der Regierung Sr. Maj. des Königs, zunächst. die gefährdete Ordnung des
Staatshaushalts neu zu sichern, außerdem aber wichtige Reformen der Gesetz-
gebung mit der Landesvertretung zu vereinbaren. Die k. Regierung erkennt
es mit Dank an, daß die beiden Häuser des Landtags zur Beseitigung der
Schwierigkeiten dee Finanzverwaltung bereitwillig die Hand geboten haben
durch die Annahme des Consolidationsgesetzes . Dem Zusammen-
wirken des Landtags mit der k. Regierung wird das Land eine erhebliche
Zahl nützlicher Gesetze auf den verschiedenen Gebieten der Staatsverwaltung
nerdanken... Dagegen sind die wichtigen Vorlagen, durch welche umfassende
kesormen auf dem Gebiete der innern Verwaltung, der Rechtspflege und des
Unterrichtswesens angebahnt werden, noch nicht zum Abschlusse, zum Theil
noch nicht zur Erledigung in einem der beiden Häuser gelangt. Die Negie-
rung Sr. Maj. hatte bei der frühzeitigen Vorlegung der betreffenden Ent-
würfe auf einen günstigen Verlauf der Berathungen um so mehr rechnen zu
dürfen geglaubt, als sie ihrerseits bestrebt gewesen war, in den vorgelegten
Entwürfen die Grundlagen für einen befriedigenden Ausgleich der verschiedenen
Interessen und Auffassungen darzubieten. Die bisherige Berathung der
Kreisordnung hat in wesentlichen Theilen des vorgelegten Entwurfs Ab-
weichungen der Ansichten des Hauses der Abgeordneten von denen der k. Re-
gierung constatirt. Dessenungeachtet gibt die kgl. Regierung die Hoffnung
nicht auf, daß auf den Grundlagen des Entwurfs eine allgemeine Verständi-
gung erreichbar sei, und daß die weitere Berathung in beiden Häusern,
wenn nicht zu einer endgiltigen Vereinbarung, doch zu einer erwünschten Klä-
rung der Auffassungen führen und hierdurch die künftige Lösung der
Aufgabe erleichtern werde. Die kgl. Regierung ist ferner von der Ansicht
durchdrungen, daß die beabsichtigte Reform des Hypothekenwesens
einem dringenden Bedürfnisse, besonders des Grundbesitzes, entspricht. In dieser
Ueberzeugung hielt die k. Regierung im Hinblick auf die bevorstehende Session
des Reichstags des nordd. Bundes eine einstweilige Vertagung des Land-