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Preufien und der norddeutsche Pund.
wechselnden Woge politischer Leidenschaften unabhängige Festigkeit. — Als ich im
vorigen Jahre von dieser Stelle zu Ihnen sprach, habe ich dem Vertrauen
Ausdruck gegeben, daß meinem aufrichtigen Streben, den Wünschen der Völker
und den Bedürfnissen der Civilisation durch Verhütung jeder Störung
des Friedens zu entsprechen, der Erfolg unter Gottes Beistand nicht fehlen
würde. Es thut meinem Herzen wohl, heute an dieser Stelle bekunden zu
können, daß mein Vertrauen seine volle Berechtigung hatte. Unter den Re-
gierungen, wie unter den Völkern der heutigen Welt ist die Ueber-
zeugung ix siegreichem Fortschritte begriffen, daß einem jeden politischen
Gemeinwesen die unabhängige Pflege der Wohlfahrt, der Frei-
heit und der Gerechtigkeit im eigenen Hause zustehe und obliege,
und daß die Wehrkraft eines jeden Landes nur zum Schutze ei-
gener ictt zur Beeinträchtigung fremder Unabhängigkeit be-
rufen sei
— Febr. Die Bischöfe von Köln, Trier, Ermland r2c. in Rom sind mit
der in Deutschland unter den wissenschaftlich gebildeten Katholiken
eingetretenen Bewegung gegen die Infallibilitätserklärung des Papstes
nichts weniger als einverstanden.
Der Bischof von Ermland verbietet dem Prof. Michelis in Braunsberg
bei Strafe der Excommunication, fernerhin in Sachen des Concils das min-
deste zu schreiben, und ebenso sprechen sich der Erzbischof von Köln und der
Bischof von Trier sehr nachdrücklich gegen alle „Agitation" in dieser Angelegen-
heit und gegen die theils an sie selbst, theils an Döllinger in München ge-
richteten Adressen aus und lassen den Clerus vor der Betheiligung daran ab-
mahnen und verwarnen.
18. Febr. (Nordd. Bund). Reichstag: Die Parteien verzichten auf
19.
’*
21.
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23.
die Erlassung einer Antwortsadresse auf die Thronrede.
“„ (Mecklenburg— Schwerin.) Landtag: Das Landesdirectorium
weist einen Antrag auf Herstellung der Verfassung von 1849 als
ungeeignet zurück.
„ In Köln erscheint ein neues kirchlich-politisches Wochenblatt der
„Rheinische Merkur“ mit dem Programm, die großen kirchlich-poli-
tischen Fragen der Gegenwart im Gegensatz zu der jesuitisch-roma-
nischen Auffassung mit deutschem Freimuth, mit Sachkenntniß und
Gründlichkeit zu erörtern.
„ (Mecklenburg). Der Landtag verwirft auch die ihm am 10.
Jan. vorgelegten neuen Steuervorschläge der Regierung und nimmt
die Anträge der Commission an. Danach werden die geforderte Pacht-
steuer und die Wohnhaussteuer abgelehnt und wird nur eine außer-
ordentliche Hufensteuer bewilligt.
„ (Nordd. Bund). Reichstag: Erste Lesung des Strafgesetzbuchs.
Es wird beschlossen, den ersten, allgemeinen, und die sieben ersten,
wesentlich politischen, Abschnitte des zweiten Theils, im Ganzen 144
Paragraphen, sofort der Berathung im Plenum zu unterziehen, da-
gegen den ganzen übrigen, wesentlich juristischen Rest an eine be-
sondere Commission zu verweisen.
„ (Nordd. Bund). Graf Bismarck lehnt den Entwaffnungs=