Preußen und der norddeutsche Pund. 47
vorschlag des neuen franz. Ministers des Auswärtigen Grafen Darn
ab (s. Frankreich).
24. Febr. (Nordd. Bund). Reichstag: Debatten über den Jurisdictions-
vertrag mit Baden und in Folge eines Antrages von Lasker n. Gen.
über die Frage eines sofortigen isolirten Eintrittes Badens und den
Eintritt der süddeutschen Staaten überhaupt in den norddeutschen
Bund. Wiederholte Erklärungen des Bundeskanzlers. Lasker zieht
seinen Antrag zurück; der Vertrag wird in dritter Lesung genehmigt.
Antrag Lasker's: „Der Neichstag wolle, bei Annahme des Vertrags,
beschließen, zu erklären: Der Reichstag des norddeutschen Bundes spricht den
Unablässigen nationalen Bestrebungen, in denen Regierung und Volk des Groß-
herzogthums Baden vereinigt sind, seine dankende Anerkennung aus; der
Reichstag erkennt in diesen Bestrebungen den lebhaften Ausdruck der nationa-
len Zusammengehörigkeit und nimmt mit freudiger Genugthuung den mög-
lichst ungesäumten Anschluß an den bestehenden Bund als ziel derselben wahr.“
Debatte: Lasker: Er habe die Stelle der Thronrede, welche sich auf
Süddeutschland bezieht, mit Freude begrüßt. Die Verträge sind nur etwas
Sekundäres, die nationale Zusammengehörigkeit steht in erster Linie. In
Süddeutschland kommt dieser Gedanke am klarsten und entschiedensten in Ba-
den zum Ausdruck. Im Jahre 1863 war es Baden, welches auf dem Fürsten-
congresse erklärte, daß über deutsche Angelegenheiten nicht ohne die leitende
Stimme Preußens berathen werden dürfe. Während der ganzen Zeit der
österreichischen Verschwörung hat Baden stets zu Preußen gehalten. Im Jahre
1866 hat es, unter dem Drucke der Gewalt, freilich gegen Preußen im Felde
gestanden; aber selbst unter diesen Verhältnissen ist das nur geschehen, als
man von Berlin aus erklärt hatte, daß man Baden keine Stütze sein könne.
(Hört!) Nach dem Frieden stand Baden wieder zu Preußen und war bereit,
sofort in den norddeutschen Bund einzutreten. Es ist nicht gut gewesen, daß
die Regierung damals Baden auch noch eine Kriegscontribution auferlegte; dies
ist im badischen Lande vielfach hart empfunden worden. In militärischer Be-
ziehung hat Baden auch ganz die preußischen Einrichtungen adoptirt. Baden
trägt große Lasten, und die einzige Klage, welche man darüber im Lande hört,
ist die, daß man dafür nicht einmal an der Gesetzgebung des Bundes theil-
nehmen könne. Baden will von keinem süddeutschen Bunde etwas wissen, es
folgt ganz dem norddeutschen Bunde. Dem Vertrage, welcher die militärische
Freizügigkeit einführt, sind Bayern und Württemberg nicht beigetreten — des-
halb nicht, weil man dort die Verträge nur nach dem Worte und nicht nach
dem Geiste auffaßt. Jetzt ist nun auch der Jurisdictionsvertrag abgeschlossen
worden. Dank Allen, welche in Baden mitgewirkt haben an dieser deutschen
Politik: Roggenbach, Mathy, Jolly; Dank dem deutschen Manne Kiefer, welcher
zur Erkenntniß des Werthes preußischer Institutionen im badischen Lande so
Bedeutendes wirkt; Dank dem deutschen Fürsten Badens, dessen Lob zu ver-
künden sich wohl geziemt! Baden will eintreten in den Bund — aber es ge-
schieht nicht. Wo ist die Schuld? Ich kann sie nur in Preußen suchen. Wir
müssen über den Main gehen, wir haben die Mainlinie 1866 nur in der
Noth des Augenblickes acceptirt. Deutschland darf nicht getheilt bleiben in
zwei Hälften. Sobald Baden in den Bund eingetreten, ist der Bund Deutsch-
land, und die anderen süddeutschen Staaten müssen folgen; alle Künste der
Diplomaten helfen da nichts mehr. Ich kann unmöglich glauben, daß Rück-
sichten der auswärtigen Politik bei der Verzögerung der Aufnahme Badens
in den norddeutschen Bund maßgebend sind. So weit ein Laie zu sehen im
Stande ist, sind gerade die beiden einzigen Mächte, die hier in Frage kommen
können, Frankreich und Oesterreich, hinlänglich mit sich selbst beschäftigt. Frank-
reich sogar in dem Grade, daß die Existenz seiner Dynastie auf dem Spiele