England. 547
Erörterung jenes Friedens und warum that sie das? Der Hofrath Warrens
hat es gesagt in seinem officiösen Blatte, das eben damals von Gift und
Galle gegen Preußen und Deutschland überschäumte: weil sie das Recht
nicht aufgeben wollte, zu gelegener Zeit auf den, alten Zankapfel zurück-
zukommen. Die Segenswünsche aber, die Oesterreich-Uungarn dem neuen
Deutschland mit auf den Weg gab, waren in diesem Augenblick sehr zeit-
gemäß, denn der Inhalt des am 24. November den Delegationen vor-
gelegten Rothbuchs war nichts weniger als geeignet, auf solche Aeußerungen
vorzubereiten. So sorgfältig jede Regierung bemüht sein muß, in Büchern
dieser Art „Unschädliches zusammenzustellen“: die hier gewiß nach behut-
samster. Auswahl veröffentlichten Depeschen ließen eine so entschiedene
Parteinahme für das kaiserliche wie das republikanische Frankreich erkennen,
daß der aufmerksame deutsche Leser den Eindruck hatte: wenn eine Politik,
die nach der Entscheidung sich offen zu solchen Gesinnungen bekennt, im
Kriege selber nicht zu den Waffen griff, so danken wir das den Wundern,
die das deutsche Schwert verrichtet und diesem auch und ihm ganz allein
die Segenswünsche vom 26. December.
Das Ansehen Englands als Großmacht ging schon seit Jahren
bergab, seine Haltung im Kriege von 1870/71 trug es vollends auf lange
hinaus zu Grabe. Der Ruf seines einst viel bewunderten Parlamenta=
rismus hatte unleugbar an Glanz verloren, seit die Welt angefangen, den
Werth dieses Systemo weniger nach dem ungestörten Regierungswechsel der
jeweiligen Mehrheiten, als nach seiner Fruchtbarkeit an gediegenen Gesetzen
zu beurtheilen, seit man ferner an Englands eignen inneren Zuständen
die Erfahrung gemacht, daß das gusgebildetste constitutionelle Parteiregiment
eine kraftvolle Regierung und eine schlagfertige Verwaltung, wie sie heute
die Steuerzahler vom Staate verlangen, für sich allein weder zu ersetzen,
noch zu schaffen vermag. Nach der Wahlreform von 1867 hatte die in-
nexe Politik Großbrittanniens einen entschiedenen Aufschwung genommen,
als das freisinnige Ministerium Gladstone-Bright, durch einen mäch-
tigen Wahlsieg am 3. December 1868 zur Regierung emporgetragen, die
kirchliche und sociale Neugestaltung Irlands und die Reform des englischen
Unterrichtswesens mit Energie in die Hand nahm. Durch die Auf-
hebung der anglikanischen Staatskirche im kat holischen Ir-
land 1869 ward ein empörendes Unrecht aus den Tagen rücksichtsloser
Vergewaltigung wieder gut gemacht und gleichzeitig dem Bau der englischen
Hochkirche selber, der den Liberalen ein Dorn im Auge ist, ein beträcht-
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