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Preußien und der norddeutfche Pund.
sichtigung gefunden, insbesondere ist für die Herbeiführung eines Mehrertrags
ein Verbrauchsgegenstand ins Auge gefaßt, dessen höhere Belastung die schon
früher im Zollvereine gemachten Erfahrungen als zulässig darstellen. Eine
Verständigung auf dieser neuen Grundlage wird, indem sie die Ausführung
einer den Verkehrsinteressen erwünschten Reform des Tarifs ermöglicht, dem
nachtheiligen Zustande der Ungewißheit über dessen weitere Gestaltung ein
Ende machen. Mit dieser Tarifreform werden Sie, geehrte Herren, die letzte
Session einer Legislaturperiode würdig schließen, welche durch Erweiterung des
Vereinsgebiets nach der Ostsee und Nordsce, durch die Herstellung des
freien Verkehrs mit Tabak, durch eine der Entwicklung des Handels entspre-
chende Umgestaltung der Hollgesehgebung und durch die Reform der Zucker-
besteuerung Zeugniß abgelegt hat für den Erfolg der Institutionen, welche in
dem Zollvereinsvertrag vom 8. Juli 1867 geschaffen sind."
23. April. (Preußen). Die sog. Consolidation der Staatsschuld kann
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wenigstens in erster Linie als geglückt betrachtet werden, so daß
auch an ihrer fernern Durchführung nicht gezweifelt werden darf.
„ (Preußen). Der nordd. Bundesgesandte in Rom, H. v. Arnim,
unterstützt die warnende Depesche des franz. Ministers des Aus-
wärtigen, Grafen Daru, durch folgende vertrauliche Note an den
Cardinal Antonelli:
„Die Regierung des Bundes — Zeuge der tiefen Unruhe, welche
im Schooße der Kirche in Deutschland herrscht — würde in der
That ihre Pflicht nicht erfüllen, wenn sie nicht die Gleichheit der Ansichten,
die in dem französischen Aktenstücke entwickelt sind, mit den Besorgnissen be-
stätigen wollte, die sich in Deutschland der Gemüther bemächtigt haben, welche
darüber erschrecken, daß conciliarische Beschlüsse, gefaßt trotz der fast einstimmi-
gen Meinung des deutschen Episcopats, schwierige Lagen schaffen könnten, indem
sie den Gewissen Kämpfe ohne Ausgang auferlegten. Dies ist nicht Alles. Es
ist öffentlich bekannt, daß die deutschen Bischöfe, die in unseren Augen wie in
denen des heiligen Stuhles die legitimen Vertreter der deutschen Katholiken
sind, eben so wenig wie der Episcopat des österreichisch-ungarischen Reiches sich
die Ansichten aneignen konnten, die das Concil zu beherrschen scheinen. Durch
in den Zeitungen veröffentlichte Actenstücke, deren Authenticität nie bezweifelt
worden ist, haben unsere Bischöfe die Pflicht erfüllt, die bedauernswerthen Re-
sultate im Voraus zu verkündigen, die zu fürchten wären, wenn die höchste
Autorität der Kirche und die Majorität des Concils, ohne auf die entgegen-
gesetzten Stimmen einer bedeutenden Minorität Rücksicht zu nehmen, zu der
Erklärung gewisser Decrete vorschreiten wollten, die, indem sie unter der Form
von dogmatischen Definitionen tiefgreifende Aenderungen in die jedem Grade
der Hierarchie zugewiesene Abzweigung einführen, nicht verfehlen könnten, zu-
gleich die gegenseitige Stellung der weltlichen und kirchlichen Mächte zu stören.
Solche Decrete, fern davon, nur eine unbestimmte Drohung für die Zukunft
zu sein, scheinen vielmehr berechnet, vormalige hinreichend bekannte und immer
von der bürgerlichen Gesellschaft aller Zeiten und aller Nationen bestrittene
päpstliche Constitutionen (Bulle Bonifaz'“. VIII.) wieder aufleben zu lassen und
mit einer neuen dogmatischen Sanction zu umgeben. Diese Principien heute
von der päpstlichen Kathedra herab proclamiren und sie mit allen Ueber-
redungsmitteln, über welche die Kirche verfügt, stützen zu wollen, würde, fürch-
ten wir, Verwirrung in die Gesammtheit der Beziehungen der Kirche mit dem
Staate werfen und Krisen herbeiführen, von welchen die päpstliche Regierung,
trotz ihrer traditionellen Weisheit, sich vielleicht keine Rechenschaft gibt, weil sie
weniger im Stande ist, als wir, über die Stimmung der Gemüther in un-
seren Ländern zu urtheilen. Es gibt einen Punkt, auf welchen die Aufmerk-
samkeit des heiligen Stuhles zu richten besonders wichtig ist. In Deutschland