Contents: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreiunddreißigster Jahrgang. 1917. Zweiter Teil. (58b)

6 Nie ãsterreiisq·nngarische Nenatqhie. (Januar 2.—4.) 
Herzen der feindlichen Regierungen der gesunden Einsicht zur Geltung ver- 
helfen oder den Selbsterhaltungstrieb der Millionen der unnötigerweise zur 
Schlachtbank geführten Völker gegen sie erwecken werden. 
2. Jan. Amnestieerlaß. 
„Streffleurs Militärblatt““ veröffentlicht einen Amnestieerlaß vom 
22. Dez. 1916 für Militärpersonen, die vor dem 1. Jan. 1917 von 
Gerichten der gemeinsamen Wehrmacht zu einer Freiheitsstrafe ver- 
urteilt worden sind und deren Strafe gegenwärtig unterbrochen oder auf- 
geschoben ist. Der Vollzug der Freiheitsstrafe oder des noch nicht vollstreckten 
Teiles wird ihnen nachgesehen, wenn sie sich nach der Verurteilung vor dem 
Feinde tapfer verhalten und auch sonst gut geführt haben. Der Erlaß er- 
streckt sich ferner unter gewissen Bedingungen auch auf andere Personen. 
so auf Jugendliche, die die strafbare Handlung vor dem vollendeten 
16. Lebensjahre begangen haben und deren Tat nicht auf verderbte Ge- 
sinnung, sondern auf ungenügende Aufsicht und Erziehung zurückzuführen 
ist, dann auf Frauen und Witwen von Kriegsteilnehmern, die die Tat 
während der Teilnahme des Gatten am Kriege begangen haben. Der Erlaß 
erstreckt sich nicht auf Strafen, die wegen Preistreibereien oder „wegen 
Wucher verhängt worden sind. Er enthält außerdem Ausnahmen von den 
angegebenen Fällen. Nach den Durchführungsbestimmungen werden auch 
die Kriegsgefangenen der feindlichen Mächte der Amnestie teilhaftig. 
Gleichzeitig wird ein kaiserl. Handschrerben an den Justizminister 
Frh. v. Schenk vom 23. Dez. 1916 veröffentlicht, das für Personen, die vor 
dem 1. Jan. 1917 von den bürgerlichen Strafgerichten verurteilt 
wurden, entsprechenden Strafnachlaß verfügt. 
4. Jan. Erzherzog Friedrich und Generalstabschef Frhr. Con- 
rad v. Hötzendorf im deutschen Gr. Hauptquartier. (S. Tl. 1 S.3.) 
4.—8. Jan. Graf Czernin in Deutschland. (S. Tl. 1 S. 5.) 
4. Jan. Kaiser Karl begnadigt die wegen Hochverrats zum 
Tode verurteilten Tschechenführer Dr. Karl Kramarsch, Dr. Alois 
Rasin, den Sekretär der „Narodni Listy“ Cervinka und den Privat- 
beamten Zamazal. 
Die Todesstrafe wird in schwere verschärfte Kerkerstrafe umgewandelt, 
und zwar erhalten Kramarsch 15 Jahre, Rasin 10 Jahre, Cervinka und 
Zamazal je 6 Jahre. 
h der Begründung des urteils gegen Dr. Karl Kramarsch und 
Gen. heißt es: Das erstrichterliche Urteil stellte fest, daß Kramarsch als 
Führer der panslavistischen Propaganda und der tschech. russophilen 
Bewegung durch bewußtes Zusammenwirken mit auf die Zertrümmerung 
der Monarchie abzielenden Bewegungen sich vor und nach Ausbruch des 
Krieges gegen den eigenen Staat betätigte. Sowohl im feindlichen wie im 
neutralen Auslande setzte eine weitverzweigte organisierte revolutionäre Pro- 
paganda ein, die auf Bildung eines von Oesterreich-Ungarn unabhängigen 
tschech. Staates mit allen Mitteln, wie Herausgabe von Zeitschriften, die 
beinahe ausschließlich dem Lostrennungsgedanken gewidmet sind, Veröffent- 
lichung von Aufrufen, Veranstaltung von Kongressen und Organisierung 
tschech. Freiwilligenlegionen in Rußland, Frankreich und England hinzielte. 
Unter den Personen, welche diese Propaganda im Auslande betrieben, führt 
das Urteil den nach Kriegsausbruch geflüchteten Abg. Masaryk, sowie den 
aus der Front zum Feinde desertierten Fähnrich Paul Duerich an. Das