Full text: Europäischer Geschichtskalender. Sechzehnter Jahrgang. 1875. (16)

100 Das deulsche Reich und seine einzelnen Slieder. (April 14—16.) 
berathung sofort im Plenum zu behandeln. Der § 1 der Vorlage 
wird hierauf mit der großen Mehrheit von 91 gegen 29 Stimmen 
und hierauf das ganze Gesetz fast ohne Debatte in der Fassung des 
Abg.-Hauses angenommen. 
14. April. (Bayern.) Schluß des Landtags. Mit demselben 
hat zugleich auch die laufende legislative Periode ihr Ende erreicht 
und müssen zunächst neue allgemeine Landtagswahlen stattfinden, bei 
denen die beiden großen Parteien der Liberalen und der Ultramon- 
tanen neuerdings ihre Kräfte messen werden. 
15. April. (Deutsches Reich.) Die Reichsregierung richtet 
in Replik auf die belgische Depesche vom 26. Februar bezüglich der 
Beschwerden Deutschlands eine neue Note an Belgien, worin sie da- 
rauf beharrt, daß Belgien Ursache habe, die Lücke in seiner Gesetz- 
gebung auszufüllen: 
. Der Unterzeichnete ist beauftragt, nochmals den Wunsch auszu- 
sprechen. daß die Regierung Sr. Majestät des Königs der Velgier ihrerseits 
gleichfalls versuche, eine stärkere Bürgichaft für die Erhaltung der freund- 
lichen Beziehungen zu geben, auf welche dieselbe nach ihrer wiederholten 
Versicherung einen ebenso großen Werth legt, wie das deultsche Reich; durch 
naeisn Versuch, wenn er auch fehlschlüge, würde sie dazu beitragen, die öf- 
sentliche Meinung aufzuklären, die sich mit dieser Frage beschäftigt, und ein 
Einverständniß herzustellen, welches in gleichem Maße alle Staaten interessirt. 
Wenn die belgische Regierung auf diesem Wege dagn gelangt, den Inhalt 
der gegenwärtigen Correspondenz öffentlich zu discutiren, wird sie gewiß gern 
die Gelegenheit ergreifen, die irrigen Meinungen zu beseitigen, die zu Tage 
gekreten sind und nach denen Deutschland in Aussicht genommen hätte, gegen 
die Freiheit der Presse in Belgien einen Angriff zu richten. Deutschland hat 
im Allgemeinen durchaus keine Einmischung in die inneren Angelegenheiten 
Belgiens im Auge, aber es erhebt Klage gegen die Einmischungen belgischer 
Unterthanen in die innere kirchliche Politik Deutschlands, Einmischungen, 
welche durch Handlungen vorgekommen sind, die zu der Preßfreiheit in 
Belgien in gar keiner Beziehung stehen. Gleichrielg bleibt die kaiserlich 
deutsche Regierung bei der Meinung, daß die Ausnahmestellung, in welcher 
sich Belgien zufolge des Privilegiums der Neutralitöt befindet, dazu berech- 
tigt, von diesem Laude eine besondere Fürsorge zu erwarten in Allem, was 
seine internationalen Verpflichtungen betrifft, und besonders gegen die Mächte, 
welche diese Neutralität garantiren. In dieser Ideenfolge hat die kaiserliche 
Negierunf es ebenfalls für ihre Pflicht gehalten, den Gedankenaustausch, in 
welchem sie sich mit der belgischen Regierung befindek, hervorzurufen und zu 
führen. inden, K# denselben zur Kenntniß der andern garantirenden Mächte 
bringt. Die belgische T½ierung wird aus allem biden gewiß gern den 
luß ziehen, . die deutschen Reelamationen kein Ziel verfolgen, welches 
rWinsd. Art wäre, daß es das Urtheil der andern Garantiemöchte beunruhigen 
önn 
16. April. (Preußen.) Abg.-Haus: Erste und zweite Lesung 
der Vorlage betr. Aufhebung der Verfassungsartikel 15, 16 und 18. 
Die ultramontane Partei, namentlich Reichensperger und v. Schor-
	        
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