114 Das deutsche Reich und feine rinselnen Glieder. (April 24—27.)
Organe zu kirchlichen, wohlthätigen oder Schulzwecken oder durch andere
Personen zu kirchlichen Zwecken innerhalb und außerhalb der Kirchengebäude
veranstalleten Sammlungen, Collekten u. s. w.; 4) die zu kirchlichen, wohl-
thätigen oder Schulzwecken innerhalb des Gemeindebezirkes bestimmten und
unter die Verwaltung kirchlicher Organe gestellten Stiftungen. Mas nun
die vom Geietz vorgesehenen Berwaltungsorgane betkrifft, so sind dics der
Kirchenvorstand und die Gemeindevertretung. Ersterer ist der eigentliche Ver-
walter. Er besteht aus dem Pfarrer und mehreren Kirchenvorstehern. Die
Zahl derselben beträgt in Gemeinden unter 500 Mitgliedern 4, in solchen
von 500—2000 Mitgliedern 6, in Gemeinden von 2000—5000 Mitgliedern
8 und in solchen von 5000 und mehr Mitgliedern 10 Personen. Sie wer-
den durch die Gemeinde auf sechs Jahre gewählt und können ohne wichtige
Gründe dieses Ehrenamt nicht ablehnen, wenn sie das kirchliche Wahlrecht
nicht verlieren wollen. Der Kirchenvorstand wählt seinen Vorsitzenden für
drei Jahre; nach der Regierungsvorlage sollte der Pfarrer der geborene Vor-
sibende sein. Der Kirchenvorstand kommt zusammen, so oft die Geschäfte es
fordern, ferner so oft der Bischof oder die Regierung, der Bürgermeister oder
die Gemeindevertretung es verlangen. In wichtigen Geschäften, die durch das
Geietz genau specialisirt sind, bedarf der Kirchenvorsland der Zustimmung der
Gemeindevertretung. Diese soll dreimal so groß sein, wie der Kirchenvorstand.
Auch sie wird von der Gemeinde auf sechs Jahre gewählt; wie der Kirchen-
vorstand; so hat auch die Gemeindevertretung ihren Vorsitendem nur auf drei
Jahre zu wählen. Der Vorsitzende des Kirchenvorstandes kann ihren Si
ungen beiwohnen. Sie darf nach dem Beschluß der Commission Oeffentlich-
keit ihrer Situngen beschließen. In Gemeinden mit zu geringer Serlenzahl
oder zu kleinem Vermögen kann der Bischof im Einvernehmen mit dem Ober-
Präsidenten den Wegsall des Kirchenvorstandes und der Gemeindevertretung
anordnen. Sehr energisch ist das Geseß gegen Kirchenvorstände, welche ent-
weder ihre Pflichten vernachlässigen oder „Angelegenheilen, welche nicht zu
ihrer Zuständigkeit gehören, wiederholt zum Gegenstand einer Erbrterusg
oder Beschlußfassung machen". Diese können nämlich sowohl durch den Bi-
schof wie durch den Ober-Präsidenten ausgelöst werden. Dort, wo Kirchen-
vorstand oder Gemeindevertrelung nicht functioniren wollen oder durch Wahl
nicht zu Stande kommen, hat der Regierungs-Präsident eine commissarische
Verwallung des Kirchenvermögens anzuordnen. — Die Aufsicht über die Ver-
waltung führt die vorgesetzte Kirchenbehorde und der Staat, auf welchen auch
die Aussichtsrechte der Kirchenbehörde übergehen, wenn sie von ihnen keinen
Gebrauch macht. Der Stgatsgenehmigung bedarf es vornehmlich bei Erwerb
und Beräußerung von Grundeigenthum, bei Bau neuer Gebäude für den
Gottesdienst oder die Geistlichen, bei Anlegung von Begräbnißplätzen, bei
Ausschreibung von Collekten und bei Verwendung des kirchlichen Vermö us
für Zwecke, melche nicht die Cultusbedürfnisse der Gemeinde selbst betreffe
Die Jahresrechnung ist der Staatsbehörde zur Prüfung vorzulegen, hach
kann dieselbe vom Ekat Einsicht nehmen und gesetzwidrige Posten verbieten.
Indessen bestimmt der Entwurf auch in der Fassung der Commission noch
nicht, welche Staatsbehörden die Aufsicht zu üben haben; es soll dies erst
durch- königliche Verordnung geschehen. Von der Commission neu hinzugefügt
sind die §§ 53 a und 53 b, von denen der erste die in dem Gesetze vorge-
sehenen Befugnisse der Bischöfe sistirt, wenn diese dem Gesetze Folge zu leisten
sich weigern, während der letztere dem Kirchenvorstand verbietet, den Geist-
lichen in solchen Bisthümern, wo die Staatsleistungen eingestellt sind, Be-
soldungen oder Abgaben aus dem Kirchenvermögen auders als mit Geneb-
migung des Staates auszuzahlen. — Die durch dieses Gesetz angebahnte gänz-
liche Umgestaltung der Verwallung des Kirchenvermögens wird vollkommen