Bas deulsche Reich und seine einjelnen Slieder. (Angust 3.) 157
zwei Dutzend Virtuosen, welche sie nicht haben, und einige hundert gute
Schützen mehr, als die haben. Unsere Ueberlegenheit in den Waffen hat voll-
ständig aufgehört. So stehen die Dinge und wenn wir nicht mit aller Energie
an der Weiterbildung des Schützen= und Schießwesens arbeiten, so wird kommen
der Tag, wo unser Schüteneum dabin sein wird. Zu den Ursachen dieser
Erscheinung gehört namentlich, daß dort der militärische Unterricht dem Schief-
wesen einen gewaltigen Aufschwung verliehen hat. In den deutschen Zeitun-
gen wird zwar nicht so viel über die militärischen Schießresultate berichtet.
wie bei uns, allein tropdem scheint dort dem Schießunterrichte eine minntiöse
Aufmerksamkeit geschenkt zu werden. Jeder Soldat hat dort jährlich 250
bis 300 Schüsse zu schießen und zwar auf Scheiben, die ein schon ziemlich
präcises Schießen erheischen. Während den drei Jahren ununterbrochenen
Dienstes kann die Schießfertigkeit schon ziemlich hoch gesteigert werden. Die
aus dem Dienste heimgekehrten Soldaten, namentlich die einjährigen Frei-
willigen, sind nun die Pionniere eines freien, die alten AU— abstrei=
senden Schüzenthums. Die Zahl dieser Pionniere mehrt 6cäh von Jahr zu
Jahr und in kurzer grit wird das Schützenwesen in Deutschland eben so
allgemein sein, wie jetzt bei uns. Mit den vermehrten Uebungen und der
Löferen Anzahl von Schützen wird sich auch die Zahl der ausgezeichneten
Ezierre-r vermehren, denn die Schießkunst ist bloß das Ergebniß fortgesetzter
ebungen. Wir sind die Lehrmeister der Deutschen gewesen, sie haben uns
in unseren Vorzügen und in unseren Fehlern nacht geahmt, jetzt sind sie selber
Meister der Kunst und ihr ganzes Streben geht dahin, es in dieser Meister-
schaft allen Andern zuvor zu Iem. Wenn wir uns von unseren gewesenen
Lehrlingen nicht überholen lassen wollen, so müssen wir mit ernenter, frischer
Energie an der Weiterentwicklung unserer. Kunst arbeiten.“
— August. (Deutsches Reich.) Die gesammte Artillerie der
deutschen Armee ist nunmehr mit den neuen Geschützen, die gesammte
Infanterie mit den neuen Mausergewehren vollständig ausgerüstet.
3. August. (Preußen.) Der abgesetzte Bischof von Paderborn
entweicht heimlich aus dem ihm als Internirungsort angeordneten
Wesel nach Holland, unter Zurücklassung eines Briefes an den Re-
gierungspräfidenten von Minden,
n welchem er seine Flucht durch seine angeblich sehr angegriffene Ge-
jundheit alirir. jedoch beifügt: „Außer dieser Pflicht der Selbsterhaltung
ist es aber noch eine höhere Rücksicht, die für meine HGusschließung entscheiden
war. Es kann Ew. Hochwohlgeboren bei Ihrer Kenntniß des kanonischen
Rechtes nicht unbekannt sein, daß ich, wenn auch batlich „abgesetzt“, vor
Gott, vor der heiligen Kirche und in den Augen der ganzen Eebldser
Welt mit der oberhirtlichen Sorge für meine vielgeliebte Diöcese belastet
bleibe und daß ich vor jenem furchtbaren Richterstuhle, vor dem wir alle
werden erscheinen müssen, über die mir von Gott anverkrauten unsterblichen
Seelen Rechenschaft geben muß. Als Mensch und als Christ werden Hoch-
dieselben es daher gerecht und billig finden, daß ich den mir zwangsweise
angewiesenen Aufenthalt, wo mir in Absicht auf meine theure Diöcese die
Hände ganz und gar gebunden sind, verlasse, um einen Aufenthalt zu wählen.
wo ich meinen heiligen, unauslöschlichen oberhirtlichen Pflichten mehr Lrcht
werden kann. Wohl hätte ich unter solchen Umständen mich schweigend von
hier entfernen können, ich hielt es aber für eine tanden uc Ew. Hochwohl-
geboren die Gründe meines Handelns frei und offen auszusprechen.“