196 Faos deufsche Neich und seine einfelnen Slieder. (Nov. 24.)
im Jahre 1835 wurde in Preußen zunächst nur den ursprünglich
ruformirten Westprovinzen (Rheinland und Westsalen) eine Synodalverfassung
zugeslanden, in den anderen herrschte das lutherische Conssslorialsysiem, und
als endlich im Jahre 18.46 eine 4 Generalsynode nach Berlin
berusen wurde, sind deren Arbeilen in der Bewegung der Jahre 1848 bis
1350 wieder verloren gegangen. Im Juli 1850 wurde aus dem die kirch-
lichen Angelegenheiten leitenden Cultusministerium die betreffende Sektion
theilweise ausgeschieden und eine selbstständige Kirchenbehörde unter dem
Namen „Evangelischer Oberkirchenrath" geschaffen. Die rückläufige Bewegung
der 50er Jahre drohte jedoch bald auch die Union 3u sprengen, doch ist im
Ganzen und Großen dieses. Ziel nicht erreicht worden, doch kam die Maß-
regel noch zur Aueführung, daß in Preußen trop der Verbundenheit dreierlei
Gemeinden sorgfältig constalirt wurden: aede reformirte und unirte,
und daß eine Zeitlang sich auch de P, Oberkirchenrath in eine lutherische, eine
reformirte und eine unirte Sektion hheilte Dehhalb ist heute noch die Frage
der Union für jede Kirchenverfassungs-Versammlung in Preußen eine breu-
nende und ein Ausgangspunkt verschiedener Parteibildungen. Sie wird auch
ohne Zweifel in der jebigen Generalsynode zu ernsten Erörterungen führen.
Im Jahre 1850 wurde allerdings auch eine Gemeindeordnung erlassen, die,
wie die nachfolgenden Versuche der Kreis= und Provincialsynoden, ohne in-
neres Leben und äußern Ersolg blieb. Sie vertraten den Trunuatz wan wonoch
sich die Geistlichkeit eine Anzahl von Laien zugesellte und es in
hatte, jede minder genehme Persönlichkeit von der Wahl ausyuschließen. So
kam 1866. Die in diesem Jahr neu erworbenen vressantischen Provinzen
behielten ihre bisherige Verfassung und schließlich kam auch am 10. Sep-
tember 1873 endlich die jehige prenßische Kirchenverfassung für die sechs alten
Vrovinzen zur Einführung, ein Werk des jeigen Oberkirchenraths-Präsidenten
eh. Ralh Dr. Hermann. Die prenßischen Kammern, welchen die Genehmi-
gung dieser Verfassung zustand, haben zunächst nur den die Gemeindeordnung
umfassenden Theil vdarsttien sanktionirt, und dieser hat sich seitdem frisch und
lebendig eingelebt. Auch die Kreissynoden und außerordentlichen Provincial=
synoden sind seitdem einberufen, welche lettere freilich in Folge des eigen-
thümlichen Wahlsysiems einen entschieden conservativen, ja reaktionären Cha-
rakter zeigten und durch ihre Wahlen zur r’n 13 Generalsynode
dokumentirten, daß sie die Stellung des evangelischen Oberkirchenrathes als
das Aeußerste ansahen, wos nach der Linken hin als zulässig gelten könnte.
Darnach würde, wenn nicht doch etwa 10 eigentlich freifinnige weltliche Mit-
glieder, darunter Stadtrath Dr. Techow in Berlin, Vicepräsident des deut-
schen Protestantenvereins, in den Wahlen acceptirt worden wären, Dr. Her-
mann selbst der äußersten Linken der Versammlung angehören. Nach den
unwidersprochenen Mittheilungen der Berliner Blätter beabsichtigte der evan-
gelische Oberkirchenrath durch die Answahl der 30 von dem König zu er-
nennenden Mitgleeder eine gewisse Ausgleichunz herbeizuführen und wenig-
sens eine Anzahl liberaler Abgeordneler der Synode zuzuführen und für
as Sesehait derselben einige Stimmführer im Abgeordnetenhaus zu gewinnen.
Thatsache ist, daß der evangelische Oberkirchenrath mit einigen berieküen hier-
über uunterfanont hatte. Da erschienen die Ernennungen, aber so, daß höchsten
eepung aller Liberalen durch streng conservativ= rstech Namen
erfolgt war. Die zu berathende Vorlage behandelt eigentlich nur die Orga-
nisation der Generalsynode. Aber sie bringt für die Wahlkörper zu derselben,
nämlich für die Kreis= und Provincialsynoden, zugleich eine Amgsstoltung
in liberalerem Sinn, nämlich die Erhöhung der Zahl der Laienmitglieder
von der Hälfte auf zwei Dritttheile, und zwar in der Art, daß das zweite
Dritttheil aus den größeren Gemeinden, also besonders aus den Städten