246 Die öllerreichisch-ungarische Monarchie. (Nov. 4.—12.)
Die Grundsäte zur Sanirung der bestehenden nothleidenden Bahnen athmen
den gleichen Geist der strengen Wahrung der öffentlichen Interessen; in das
Detail der Verhandlungen glaubt indeß sich der Minister nicht einlassen zu
dürfen, da sonst, bei Annahme gewisser principieller Punkte, die Ansprüche
an den Staat sofort in die Höhe schnellen würden; noch weniger glaubt er
es als Norm aussprechen zu sollen, daß, der Betrieb dieser unter sich vereinig-
ten nothleidenden Bahnen absolut einigen großen Verkehrsunternehmungen
zufallen müsse, im Gegentheil wolle er sich volllommen freie Hand gewahrt
wissen, um das Interesse des Staates und des Verkehrs überall entschieden
zur Geltung zu bringen.
Anf. November. (Oesterreich-Ungarn.) Ein Artikel des of-
ficiellen „russischen Regierungs-Anzeigers“ begüglich der orientalischen
Frage macht Auffehen und erregt vielfach Beunruhigung, indem man
darin eine entschiedene Schwenkung der russischen Politik in dieser
Frage angedeutet sehen will. Die officiösen Organe der österreichi-
schen Regierung erklären jedoch übereinstimmend, daß dies nicht der
Fall sei und daß Oesterreich und Rußland bezüglich der Türkei noch
immer durchaus Hand in Hand gingen.
4. November. (Oesterreich.) Abg.-Haus: Eine Conferenz von
Delegirten der verschiedenen Fractionen des Haufes einigt sich über
eine Interpellation an das Ministerium in gemäßigt schutzzöllneri-
schem Sinne. Inzwischen treten auch die Anhänger des Freihandels-
princips zusammen und erlassen ein Programm, dem ca. 50 Mit-
glieder beitraten.
4. November. (Ungarn.) Wiederzusammentritt des Reichstags.
6. November. (Ungarn.) Unterhaus: Die Regierung legt
demselben ein Gesetz betr. Einführung der Civilehe und der Civil-
standsregister vor. Der erstere gestattet Ehen zwischen Inden und
Christen, sowie die Wiederverehelichung geschiedener Katholiken bei
Verweigerung der erforderlichen kirchlichen Dispensationen.
12.—15. November. (Oesterreich.) Abg.-Haus: Debatte über
den Antrag Wildauer betr. Durchführung des Schulgesetzes auch in
Tyrol. Bei der Generaldebatte sprechen sich Polen und Tyroler sehr
heftig gegen den Antrag aus und erklären, sich an der Specialdebatte
nicht betheiligen zu können. Die Regierung erklärt den Antrag ihrer-
seits für nicht opportun. Das Haus beschließt mit großer Mehrheit
(der gesammten Verfassungspartei) gegen die Polen, die Tyroler und
die sog. Rechtspartei, in den Antrag einzutreten. Die Minderheit
verläßt das Haus. Der Antrag wird hierauf durchberathen und
mit allen Stimmen gegen die der Minister angenommen. Die Polen,
Tyroler und die Rechtspartei kehren wieder an ihre Plätze zurück.