6. Die Schweiz.
6. Januar. (Genf.) Gr. Rath: beschließt mit großer Mehr-
heit die endliche Ausführung des Gesetzes vom 2. November 1850,
wonach auch für die bisher noch römisch-katholisch gebliebene Kirche
Notre-Dame zu Genf ein Kirchenverwaltungsrath ernannt werden
soll. Der Staatsrath hatte mit 4 gegen 3 Stimmen den Zeitpunkt
dafür noch hinausschieben wollen, um neue Streitigkeiten mit den
Nömisch-Katholischen zu vermeiden. Muthmaßlich fällt die Wahl
des Verwaltungsrathes zu Gunsten der Altkatholiken aus und dann
wird die Kirche beiden Theilen, den Römisch-Katholischen und den
Alt-Katholischen, zu gemeinsamer Benütung eingeräumt werden.
Kraft jenes Gesetzes vom 2. November 1850 besiten nämlich die Ka-
tholiken in Genf eine Kirche, für welche das Terrain vom Staate geschenkt,
die Baukosten aber mittels Collekten zum größlen Theil vom Auslande auf-
gebracht wurden. Diese Kirche, welche den Namen „Notre-Dame“ erhielt,
sollte gesetzmäßig durch die kalholischen Bürger der Stadt Genf verwaltet
werden, zu welchem Zwecke eine Commission von 5 Mitgliedern zu ernennen
ist. was jedoch seit Erbauung der Kirche nur ein einziges Mal geschah. Jetzt
aber verlanglen die liberalen katholischen Bürger Genfs, welche gegenüber
den römisch-katholischen die Mehrheit ausmachen, die Notre-Dame-Kirche auch
für sich und nach dem Gesehe die Ernennung einer Verwaltungscommission,
um doadurch zur Benützung der Kirche, nicht ausschließlich, sondern immerhin
nur neben den Römisch-Katholischen, zu gelangen.
15. Jannar. (Bern.) Der Bundesrath weist eine Beschwerde
von 18 ultramontanen Mitgliedern des Berner Großen Rathes gegen
das Dekret der Berner Regierung vom Iuni v. J., durch welches
die Pfarrgemeinde-Bezirke im bernischen Jura von 79 auf 42 re-
ducirt worden waren, ab mit der Begründung:
„daß die Beschwerdeführung sich ausschließlich auf gewisse Bestim-
mungen der Vereinigungs-Urkunde des bernischen Juras mit dem alten
Canton vom 14/23. November 1815 stützt; daß aber diese Bestimmungen
unter der Herrschaft der Bundesverfassung vom 239. Mai 1874 kein beson-
deres Recht zu Gunsten der Bewohner des bernischen Juras, noch eine Aus-
nahme vom öffentlichen Rechte der Eidgenossenschaft begründen können.“