Full text: Europäischer Geschichtskalender. Sechzehnter Jahrgang. 1875. (16)

Dit etlemannische Pfeorte. (März 30. — April 8.) 481 
männer andere Beispiele befolgt. Daud Pascha, der nur drri Jahre Wier 
der öffentlichen Arbeiten gewesen, hinterließ seiner Familie etwa fünf M 
Riza Paschas Vergene wird auf drrißig Millionen geschägzt, kuhhst er 
seine Laufbahn als zwiunge bei einem Gewürzkrämer begonnen. Mehemed 
Ruschdi Pascha, der ehemalige Grosvezier, der vor einigen Monaten als 
Gouverneur des 8 schas starb, hatte kolossale Reichthümer angesammelt. 
Man erinnert sich, daß bei Mahmud Paschas Sturz eine Millien fehlte, 
von der bis heute Niemand erfuhr, wo sie hingekommen. An der Küsie des 
Schwarzen Merres besitzt die Türkei die prächtigsten Häfen mit enen Hinter- 
lande, das an Feuchtborteit und Bodeneichthem seinesgleichen sucht. Aber 
es giot keine ordentlichen Straßen, und es ist beinahe unmöglich, die Erzeug- 
nisse des Landes an das Gestade zu bringen. So kommt es. daß der Han- 
delsverkehr in Trapezunt, in Samsum und den andern einst blühenden Plätzen 
sich von Jahr zu Jahr verminder, während der künstlic angelen russische 
Hafen in Poti in sletem Aufschwung begriffen ist. Küste Kleinafiens 
Löberhol, sich dieselbe Erscheinung; 38 serert Smyrna, — r andels- 
stadt mit beinahe dreitansendjähriger Geschichte, geht sichtlich abwärts. Die 
Türkei ist schwerkrank; kein Wunder, daß man zu idrern Hunt auf ver- 
zweifelte Mittel finnt. Farley, der mit Ziffern in der H die mnnglich. 
keit eines längeren Daseins des türkischen Reiches auf chan heutigen Grun 
lage zu bewesse sucht. schlägt eine Radiralkur vor. Er meint, dem Sultan 
breibe nt nichts übrig, als die europäische Türkei an Oesterreich und Rußland 
ufen. Die beiden Staaten würden ihm gewiß einen guten Preis da- 
25# bezahlen, die Einwohner, selbst die Mohamedaner, wären mit dem Tausche 
zufrieden, und das türkische Reich, auf seine Besitzungen in an beschränkt, 
könnte einer neuen, naturgemäßen Entwicklung entgegengehen. 
30. März. (Rumänien.) Schluß der diesjährigen Kammer- 
session. 
Gleichzeitig hat auch die vieriährige egislaturptiod des Abgeord- 
netenhauses ihr Ende erreicht und müssen lnach der Verfassung neue Wahlen 
vorgenommen werden. Es ist das erstemal, daß in Rumänien eine Abgeord- 
netenkammer vier Jahre hintereinander tagte und, ohne aufgelöst zu werden, 
ihr verfassungsmäßiges Ende erreichte. Ebenso ist es das erstemal, daß ein 
Ministerium die Dauer einer Legislaturperiode überlebte. Es ist also in 
der Ordnung, daß der Schluß der diesjährigen Kammersession ein befonders 
feierlicher ist. Derselbe wird durch den Fürsten Karl in Person vorgenommen, 
indem derselbe den Abgzeordneien mit warmen Worten seine Anerkennung und 
seinen Dank für ihr dem Lande so ersprießliches Wirken ausspricht. 
Anf. April. (Herzegowina.) Aus der Herzegowina und 
dem nördlichen Albanien kommen schwere Klagen über Verfolgungen 
der Christen durch die eingebornen muselmännischen Begs, wobei die 
türkische Regierung auf Seite der letzteren stehe. Eine Anzahl waffen- 
fähiger Männer flüchtet nach Montenegro. Die Türken beschuldigen 
Montenegro, die Unzufriedenheit seinerfeits zu schüren. 
8.—15. April. (Rumänien.) Die Neuwahl der II. Kammer 
gestaltet sich zu einem wahren Vertrauensvotum für das Ministe- 
rium Catargiu. Die Regierung fiegt in allen drei Wahlkörpern. 
Das Gesammtresultat ergibt 137 mehr oder weniger regierungs- 
freundliche Abgeordnete und nur 20 Oppositionelle. 
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