Full text: Europäischer Geschichtskalender. Sechzehnter Jahrgang. 1875. (16)

482 Ple ottomannische Pforte. (April 26. — Juni 28.) 
26. April. Der Sultan ernennt Essed Pascha zum Groß- 
vezier. 
Mitte Mai. (Aegypten.) Der Khedive setzt die Installation 
der neuen Gerichte auf Ende Juni und den Beginn ihrer Thätigkeit, 
um Frankreich Zeit zu lassen, auf den 18. Oktober an, scheint aber 
entschlossen dannzumal allfällig noch weiteren französischen Inten- 
tionen gegenüber mit aller Rücksichtslofigkeit vorgehen zu wollen. 
— Mai. (Serbien.) Eine Rundreise des Fürsten Milan 
zeigt, daß die Stimmung des Landes eine für seine Regierung kei- 
neswegs ganz befriedigende ist. Der officielle „Vidovdun“ bespricht 
die Reise beschwichtigend ganz im Sinne des großserbischen Pro- 
gramms. 
Anf. Juni. (Rumänien.) Die Regierung erläßt einen neuen 
Zolltarif, welcher den Import mehrerer, besonders österreichischer, 
Einfuhrartikel fast unmöglich machen würde und daher wesentlich 
darauf berechnet scheint, auf Oesterreich einen Druck bezüglich des 
Abschlusses eines Handelsvertrags auszuüben. 
8. Juni. (Aegypten.) Der Khedive ernennt Nubar Pascha 
wieder zum Minister der auswärtigen Angelegenheiten. 
8. Juni. (Montenegro.) Das offic. montenegrinische Blatt 
„Clus Cznogorca“ erklärt sich entschieden gegen die Idee, daß Fürst 
Nikolaus auch auf den serbischen Fürstenthron berufen werden könnte 
und den Ruf annehmen würde. 
18. Juni. (Aegypten.) Feierliche Installation des neuen 
internationalen, aus europäischen und muselmännischen Richtern zu- 
sammengesetzten Gerichtshofs (statt der bisherigen Consulargerichts- 
barkeit) durch den Khedive. 
Derselbe hält umgeben von den Ministern und Großwürdenträgern, 
eine Ansprache, worin er ausführt, daß er durch die Unterstützung des Sul- 
tans und der auswärtigen Mächte in den Stand gesetzt sei, die neuen Gerichte 
finsufüh. „Ich freue mich, so viele serormasene Männer um mich zu 
sehen, V denen ich das vollste Vertrauen für die gute Verwaltung der Nechst- 
pflege hege; ich bin überzeugt, daß die Interessen Aller durch die Weisheit 
der Nichter gesichert, und die neuen Gerichte sich Gehorsam und Achtung ver- 
schaffen werden“. Der heutige Tag sei bemerkenswerth in der Geschichte 
Aegyptens und bedeute den Anfang einer neuen Aera der Civilisation. „Ich 
bin überzeugt, daß mit Gottes Hulf- die Zukunft des heute begonnenen großen 
Werkes gesichert ist.? Das Bemühen des Khedive, zunächst wenigstens für 
Streitigkeiten von Europäern unter einander und zwischen Europäern und 
Eingebornen ein Re zouc und Gerichte nach europäischer Art einuführen. 
fündet in der europäischen Presse, Frankreich allein ausgenommen, allgemeinen 
Beifall. Die Zusammensehung der Gerichte ist auch in Folge der Unlergand 
 
	        
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