44 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Jan. 16.)
und Wasserstraßen,, zur Förderung von Ackerbau und Viehzucht bedeutende
Verwendungen in Vorschlag gebracht sind. Die weitere Durchführung
der inneren Verwaltungsreform, die Vervollständigung der Einrich-
tungen communaler Selbstverwaltung wird Ihre Thätigkeit in dieser Session
in umfassender Weise in Anspruch nehmen. Die Staatsregierung wird Ihnen
die Entwürfe von Gesetzen vorlegen, durch welche der mit der Kreisordnung
begonnene Bau, zunächst im Geltungsbereiche der letzteren, zu einem einheit-
lichen Abschluß geführt werden soll. Mit dem Entwurfe der Provinzial-
Ordnung, welcher Ihnen erneut vorgelegt werden wird und an welchen sich
ein Entwurf wegen Bildung einer besonderen Provinz Berlin auschließt,
steht die Vorlage über die Dotation der Provinzen in engem Zusammen-
hange, deren endgültige Erledigung im dringenden Interesse der Provinzen
und des Staates liegt. Die Einrichtungen der Verwaltungsjustiz, für welche
im Gebiete der Kreisordnung in den Kreisausschüssen und Bezirks-Verwal-
tungsgerichten der Grund gelegt ist, sollen durch einen Gesetzentwurf über die
Verfassung der Verwaltungsgerichte und die Errichtung eines Ober-Verwal-
tungsgerichts eine weitere Ausdehnung und den entsprechenden Abschluß
finden. Die volle Durchführung der Verwaltungs-Reorganisation in denjeni-
gen Provinzen, in welchen dieselbe mit der Kreisordnung bereits erfolgreich
begonnen ist, wird zugleich einen sicheren Anhalt für die entsprechenden
Reformen in den übrigen Theilen der Monarchie darbieten, wozu die gesetz-
geberischen Vorarbeiten gleichfalls in vollem Gange sind. Als ein dringendes
Bedürfniß hat es sich herausgestellt, auch den katholischen Kirchenge-
meinden Gelegenheit zu geben, ihre Interessen bei der Besorgung der kirch-
lichen Vermögensangelegenheiten durch gewählte Organe wahrzunehmen. Ein
zu diesem Zwecke vorbereiteter Gesetzentwurf wird Ihnen baldigst zugehen.
Meine Herren! Die Aufgaben, zu deren Lösung die Regierung Sr. Majestät
Ihre Mitwirkung erbittet, sind überwiegend von grundlegender Bedeutung
für die gesammte Fortbildung unserer Gesetzgebung. Die Staatsregierung
legt daher den größten Werth darauf, diese zunächst von ihr in Aussicht
genommenen Reformen durch das vertrauensvolle Entgegenkommen der beiden
Häuser des Landtages in der bevorstehenden Session zum Abschlusse zu brin-
gen. Sie rechnet auf Ihre bewährte patriotische Hingebung.
Der ruhige und geschäftsmäßige Ton der Thronrede beweist, daß die
preußische Regierung einen möglichst ruhigen Verlauf der Session zu erzielen
wünscht. Die Hauptaufgabe des Landtags soll die Durchführung der Ver-
waltungs-Reorganisation in denjenigen Provinzen sein, in zwelchen dieselbe
mit der Kreisordnung bereits erfolgreich begonnen wurde. Allein eben diese
Beschränkung auf die sechs östlichen Provinzen erzeugt in der öffentlichen
Meinung eine gewisse Enttäuschung. Dieselbe erinnert daran, wie die halb-
amtliche Provincial-Correspondenz nach Ende Oktober v. J. eine viel größere
Fülle von Verwaltungsreform-Vorlagen in Aussicht stellte und namentlich
Gemeindeordnungen für drei der westlichen Provinzen, Kreisordnungen für
dieselben (nämlich für Hessen-Nassau, Rheinland und Westpfalen), eine solche
für Posen und die Reform der Provincial-Verwaltung für den ganzen Staat,
mit Ausnahme von Hannover und Schleswig-Holstein, für die so eben er-
öffnete Session ins Auge faßte; und zwar wurde unter der Provincialreform
sowohl die Begründung der provinciellen Selbstverwaltung, als die Neu-
ordnung der staatlichen Behörden-Organisation verstanden. Nun aber ersieht
man aus der Thronrede, daß die Entwürfe zu Gemeindeordnungen und
Kreisordnung für jene drei westlichen Provinzen für jetzt zurückgezogen wur-
den, und daß es jetzt zweifelhaft erscheint, ob neue Entwürfe überhaupt noch
im Verlaufe der diesjährigen Session werden zur Vorlage fertiggestellt werden
können. Da sich nämlich über die Gemeindeordnung für Rheinland und