Allgemeine Chronik. 29
in Worms beschließt eine „Religionsgemeinschaft freier Protestanten“
zu gründen.
18.—24. Nov. [Rußland.) Der Kaiser befiehlt eine neue Anleihe im Inland
von 100 Mill. Rubel. Dieselbe wird nur mit 23 Mill. überzeichnet.
Das Resultat ist für einen Krieg nicht gehr ermunternd. Eine An-
leihe im Auslande scheint kanm möglich zu sein.
„ (Pforte] beschließt, sich an den Conferenzen“ der Mächte in Kon-
stantinopel zu betheiligen.
19. [Belgien] Der Ministerpräsident Malon läßt sich den Forder-
ungen der liberalen Partei gegenüber zu dem Versprechen herbei,
einen Gesetzentwurf betr. Reform der Wahlgesetzgebung einbringen zu
wollen.
20. „ (Italien.] Eröffnung des Parlaments. Thronrede des Königs.
21. [Oesterreich: Ungarn ]) Oesterreich] Abg.-Haus: Die Regierung gibt
demselben eine Darlegung der dem Abschlusse nahen Ausgleichs-
verhandlungen mit Ungarn. Das Haus ist davon sichtlich sehr wenig
befriedigt, namentlich nicht über das neue ganz dualistische Bank-
statut für die Nationalbank.
„ [ Pforte.) Der Großvezier Ruschdi P. erklärt, daß die türkische
Verfassung jedenfalls noch vor Eröffnung der europ. Conferenzen in
Konstantinopel werde verkündet werden. — Die Pforte bequemt sich
endlich- dazu, gegen die Hauptschuldigen der bulgarischen Gräuel eine
Untersuchung einzuleiten. Es ist jedoch nicht ernstlich gemeint: Schefket
wird schließlich freigesprochen.
23. „ (Frankreich.)] Dep.-Kammer: Die lib. Fractionen verlangen die Er-
weisung militärischer Ehren für die Mitglieder der Ehrenlegion auch
bei Civilbeerdigungen. Die Regierung bringt einen Ges.-Entw. ein,
der diesem Verlangen entspricht, aber nur bei Civilbeerdigungen ac-
tiver Militärs.
„ (Griechenland.] Kammer: genehmigt die Gesetzesvorlage bez. der
militärischen Organisation des Landes und bez. außerordentlicher
Rüstungen
24. “ (Frantreich. Dep.-Kammer: Prinz Napoleon, hält eine lebhafte
Rede gegen die Ultramontanen, in der er behauptet, daß nur
Rücksichten“ für die weltliche Herrschaft des Papstes Frankreich, im
Jahre 1870 der Allianz Italiens und Oesterreichs beraubt habe.
25. „ (Pforte.] Der Sultan erklärt dem englischen Botschafter entschie-
den, daß er sich niemals dazu verstehen werde, wie man ihm ansinne,
gewisse Provinzen vor anderen durch besondere Zugeständnisse zu be-
vorzugen. Damit ist eigentlich eine Verständigung mit den Mächten
von vornherein ausgeschlossen.
28. [Pforte] Berathung des Pfortenrathes über den Verfassungs-
entwurf er Großvezier Ruschtt P. erhebt Einwendungen und will
nicht so weit gehen wie Mithad P.
Ende „ IOesterreich-Ungarn:] Oesterreich Die Verfassungspartei des Abg.=
Hauses erklärt sich einmüthig auf's entschiedenste gegen das neue
Bankstatut für die Nationalbank. Diese selbst lehnt es einstimmig
ab. Die Minister Lasser und de Pretis gehen nach Pesih behufs
neuer Unterhandlungen mit Ungarn, kehren aber ohne Resultat zurück.
30. (Frankreich.) Dep.-Kammer: erledigt das Cultusbudget in durch-
aus anticlericalem Sinne.
[ Türkei — Griechenland.] Die griechischen Hetärien leben
unter der griechischen Bevölkerung der Türkei überall wieder auf.