96 Ds heuische Keich und seine rinzelnen Glieder. (April 13.)
norddeutschen Bundes- und der deutschen Reichs- Verfassung nicht zustimmen
zu können. Ich glaube, Sie denlen jett auch wott, darüber etwas anders.
(Rufe links: Neint) Oder hätten Sie im Jahre 1867 Zoll= und Militär-
verträge in Deutschland der allerdings mangelhasten srinn vorgegogen?!
(Ehr gut!! Obwohl wir damals darauf verzichtet ha Verfassung
nach allen Seiten auszubauen, haben wir doch niemals ihre Mängel verkannt.
Wir glaubten, die Mängel würden sich mit der Zeit so fühlbar machen, daß
eine Abhülfe im Verein mit der Regierung geschaffen werden konne. Und
in der That hat sich der Reichskanzler später in diesen Dingen nicht so ab-
solut abwehrend verhalten, wie Anfangs. Die Verhandlungen im J. 1874,
bei Gelegenheit des Reichsjustizamtes, haben bewiesen, daß der Neichskangler
sich mit dem Gedanken der Neichsministerien befreundet hat und die Möglichkeit
vorhanden ist, diese Frage mit ihm zusammen zu lösen. Es ist allerdings Vieles
in dem verfassungsmäßigen Verhältniß der Regierungen zu dem Kaiser und dem
Reichstage nicht so alsch entwickelt worden, als wir es wohl wünschen möchten.
Aber so kühl, wie der Abg. Häuel, darf die deutsche Nation über die Fort
schritte seit 1867 nicht denken, welche auf Grund auch dieser unvolikomunrenen
Verfassung gemacht worden sind. Außer dem großen Fortschritt der Justiz=
gesetze, an den der Abg. Hänel selbst erinnert hat und über welchen jetzt
wohl keine große Meinungsverschiedenheit mehr besteht, sind fast alle Dinge
auf dem Gebiete der Gesetzgebung geordnet. Der Rest ist im Verhältniß zu
dem Erreichten nicht sehr groß. (Sehr richtig !) Und wenn man die Resultate
unter dieser unvollkommenen Verfassung mit der Zerfahrenheit der Verfassungs-
zustände und der wichtigsten Rechtsgebiete, wo das Zusammenarbeiten der Be-
bölkerungen eine Einheit erheischt, vergleicht, so ist das in einem Decennium
Errungene so groß, daß man nichts Gleiches bei irgen einem Volke, ge-
schweige denn beim deutschen finden kann, (Beifall.) Wir wollen dem guten
Sterne Deutschlands vertrauen, daß a das uns noch Fehlende erreicht
werden wird und daß, wenn das Vo niß so stark hervorgetreten ist, wie
in den hier besprochenen Verhältnissen, es in nöchster Zukunft möglich sein
wird, an die Lösung dieser Frage zu gehen. Ich glaube, daß in dieser Hinsicht
die Verhältifse gerade in der leßten Zeit auf die Reichsregierung und den
Kanzler einen gewissen Eindruck gemacht haben müssen. Es ist ja sehr na-
türlich, daß ein Staatsmann, der seiner ganzen Natur nach geligtet war,
die Dinge zu regeln, bei den vielen Schwierigkeiten und Frictionen geneigt
ein kann, manche frühere Bedenken fallen zu lassen; und ich bin der Ansicht,
aß sich berchsnte werden schaffen lassen, welche dem Kanzler in seiner
wesentlichen Aufgabe, der Leitung der großen Politik Deutschlands, mehr
uße und Freiheit schaffen werden. Nach seiner Rückkehr werden meine
politischen Freunde ueen auf diese Fragen eingehen, in seiner Abwesenheit
jedoch nicht. Nach 1866 hegte man in Deutschland bei den Einzelstaaten die
Sorge einer Entwicklung und Führung in ken Einheitsstaat hinein, und
nachher hat sich das Berhöltui o gestaltet, daß gerade der deutsche Kangler
der bestimmte und feste palt für diese Regierungen gewesen ist. Das Ver-
trauen, welches der Kanzler in dieser Richtung gewonnen hat, ist unentbehr-
lich für die weitere Gestaltung der Dinge in Deutschland, so daß ein Ersatz in
der Hinsicht nicht möglich wäre. Geht man an die Aenderung der Versasfung
heran, welche auf das Verhältniß der einzelnen Regierungen sich bezieht, so
wird es dem Kangler viel leichter sein, nach dem Vertrauen, das er sich bisher
erworben hat, als jedem Andern, die Uebereinstimmung herbeizuführen, ohne
welche eine solche Veränderung in einem Bundesverhältniß nicht möglich ist.
Wenn wir also in diesem Augenblicke nicht in der Lage sind, auf diese Fragen
näher einzugehen, geschweige darüber Beschlüsse zu fassen, so werden wir uns
denselben doch keineswegs entziehen, und wenn ich es mir versagen muß, auf