168 Des besische Reic und seine einzelnen Glieder. (Nov. 7.)
Vorlage eines schutz öllnerischen Tarifs in Oesterreich veranlaßt einen
Theil der Presse, den Zollkrieg bis zum Aeußersten und die schärssten
Retorsionsmoßregeln gegen Oesterreich zu fordern.
7. November. (Preußen.) Abg.-Haus: der (ultramontane)
Abg. Kaufmann stellt den Antrag auf Vorlegung eines Entwurfs
einer Landgemeinde-, Kreis= und Provinzialordnung für Rheinland
und Westphalen. Gleichzeitig wird der (conservative) Antrag v. Man-
teuffel und Busse auf Revision der Verwaltungsgesetze in den sechs
östlichen Provinzen unter Rücksichtnahme auf die eigenthümlichen
Verhältnisse der einzelnen Provinzen zur Debatte gestellt.
Miquel empfiehlt den Antrag Kaufmann in dem Sinne, daß eine
allgemeine Ausdehnung der erwähnten Gesetze auf alle Provinzen erfolge, er-
klärt sich aber gegen jede Revision in dem Geiste v. Manteuffel's. Minister
Friedenthal erklärt: Er halte es nicht für angemessen, sich bezüglich der
Verwaltungsresorm in gegenseitigen Vorwürfen zu ergehen und damit die
Kraft, welche man zur Fortführung dieses Werkes brauche, zu zersplittern.
Vielmehr möge man alle Kräfte künftig darauf verwenden, den Abschluß der
Gesetzgebung so zu gestalten, daß das Vaterland dabei Vortheil habe. Er
wolle nicht auf oft verhandelte Dinge hinsichtlich Rheinland-Westphalens und
auf den „Culturkampf“ zurückkommen. Er habe erwartet, daß die Antrag-
steller sich seinen Erklärungen vom 26. Okt. bezüglich der Fortführung der
Verwaltungsreform anschließen und daraufhin ihr Anträge Kmrüchziehen wür-
den. Es sei in diesen Erklärungen ausdrücklich betont worden, daß die Re-
gierung zur Ausdehnung der Verwaltungsreform auf alle Provinzen nach
Maßgabe des Bedürfnisses unter bestimmien Modificationen bereit sei und
dieselbe sofort in die Hand nehmen wolle. Solle nicht ein einzelner Landes-
theil, sondern der ganze Complex der Monarchie in's Auge gefaßt werden,
so könnten die heutigen Anträge nur als Zustimmung zu D# jüngsten Er-
klärungen der Minister usssäßt werden. Anders könne er die Anträge
nicht verstehen. Man könne sich jetzt unmöglich über Einzelheiten verstäu-
digen. Eine derartige Reform sei nur im Zusammenhange zu beurtheilen.
Heute würde es der Minister für verfehlt halten, den einen oder den andern
Theil zum Gegenstand von Erklärungen der Regierung zu machen. „Wir
werden die jehige außerordentlich schwierige Situation 3.nich der Verwal-
— nur überwinden, wenn wir das Ganze im Auge behalten, und
von Gesichtspunkten aus, welche das Ganze der Sache übersehen lassen, an
die Fortführung der Reform herantreten. Auf diesem Wege, hoffe ich, wird
es, wenn auch schwer, mö lich sein, unter Mitwirkung aller patriotischen
Elemente. das begonnene Werk zum guten Ziele zu führen, was ich hoffe.
und wofür ich alle meine Kräste einseten werde.“ Lasker und Hänel
sprechen im gleichen Sinne, wie Miquel, für den Antrag Kaufmann, und
zwar der erstere in sehr präciser und scharfer Form. Minister Friedenthal
bemerkt gegenüber Hänel: Er sei in keiner Weise in der Lage gewesen, sich #
entschuldigen. Zur Sache selber bedauere er, daß Hänel des festen ungs
entbehre, von dem aus er sich in der Frage der Verwaltungsreform orientiren
könne. Er (der Minister) fühle festen Boden unter seinen Füßen. Ueber
Absichten und Ziele der NRegierung wolle er sich in keine akademischen Vor-
lesungen einlassen. Die Regierung werde dann mit deutlichen Erklärungen
vor das Land treten, wenn sie die bezüglichen Vorlagen mache, und dies
werde geschehen, nachdem die erforderlichen Vorarbeiten und Ermiltelungen