Das besische Reich und srine einzelnen Slieder. (Nov. 24— 26.) 181
verursachen würde. Die Frage liegt jedoch in der Competenz der
Regierung, und die ultramontane Mehrheit kann sie zu einer Re-
organisation in Aschaffenburg nicht zwingen, wenn sie nicht will.
24. November. (Deutsches Reich) lehnt den von Oesterreich
nach dem Scheitern der Unterhandlungen über einen neuen Handels-
vertrag vorgeschlagenen Abschluß eines bloßen Meistbegünstigungs-
vertrags seinerseits ab.
24. November. (Bayern.) Der Finanzminister v. Berr ver-
langt seine Entlassung. Der König ernennt an feine Stelle den
bisherigen Bundesrathsbevollmächtigten v. Niedel.
26. November. (Preußen.) Die außerordentliche General=
versammlung der Berlin-Stettiner Eisenbahngesellschaft lehnt den
Antrag auf Verkauf der Bahn an den Staat gegen eine Rente von
5 Proz. ab und auch der sodann zur Beschlußfassung gestellte An-
trag auf den Verkauf der Bahn gegen eine Rente von 5½ Proz.
findet nicht die erforderliche Zweidrittel-Mehrheit.
Die Gegner des Reichseisenbahn-Projectes und der Concentrirung ge-
wisser Privatbahnen in den Händen des Staats äußern sich darüber äußerst
zufrieden: ,Der Beschluß ist von der weitgehendsten politischen Bedeutung. Im
entgegengesetzten Falle würde die Ausdehnung des Staatsmonopols im Eisen-
bahnwesen kaum noch Schranken gefunden haben. Hätte sich hier eine Mehr-
heit für den Verkauf ergeben, so würde die Köln-Mindener Bahn alebald
das zweite Opfer einer ähnlichen Mueschlachtung geworden sein. Zugleich
würde der Staat in die Lage gekommen sein, den von Berlin nach Süden
führenden Privatbahnen die aus Stettin kommenden Frachten zu Gunsten der
Staatsbahnlinien zu entziehen. Nachdem jetzt der erste Angriff auf eine so-
lide, allen Verkehrsinteressen Rücksicht tragende Privatbahn dergestalt miß-
lungen ist, werden die übrigen Privatbahnen lich wohl besser gegen ähnliche
Ueberrumpelungsversuche zu schütßzen verstehen.“
26. u. 23. November. (Sachsen.) I. Kammer: conservativ-
particularistische Ausschreitungen mehrerer Mitglieder erregen großes
Aufsehen.
Zunächst erlaubt sich der Kammerherr v. d. Planiß scharfe Ausfälle
geien die Unabhängigkeit der Gerichte in Preußen, ohne daß der Präsident
v. Zehmen einschreitet, vielmehr am Ende ziemlich naiv bemerkt, es werde
doch Niemand durch die Aeußerungen des Hrn. v. d. Planitz verleht
fahrt haben. Nur der Bürgermeister von Leipzig, Dr. Georgi, nimmt 66
der angegriffenen prenßischen Justig energisch an, bleibt aber damit uussch
Zwei Tage darauf erlaubt sich der Kammerherr v. Erdmannsdorf ähnliche
Ausfälle geyer Preußen, worauf eine Erklärung des Oberbürgermeisters Dr.
André: „der preußische Richterstand stände unendlich erhaben über allen Vor-
würfen und er bedaure sehr, daß in der sächsischen Kammer der vreußische
Richterstand in breiner Weise heruntergerissen worden sei, wie dies der
gewesen“ von dem Präsidenten v. Zehmen mit der Bemerkung arise al
wird: „Heute sei das nicht geschehen; wenn sich der Redner a, Aeußerungen
in anderen Sitzungen beziehe, so gehöre das nicht zur Debatte.“