Full text: Europäischer Geschichtskalender. Achtzehnter Jahrgang. 1877. (18)

EIIILIEIIIIIIIIIDIIIIII 27—28.) 
27. November. (Preußen.) Abg.-Haus: Budget, Cultusctat: 
Bei dem Kapitel Provinzial-Schulcollegien bringt der Abg. Knörcke 
die endliche Vorlegung des allgemeinen Unterrichtsgefetzes zur Sprache. 
Der Cultminister Falk erwiedert: 
„Ich hatte bestimmt zugesagt, das Unterrichtsgesetz wo möglich noch 
in dieser Session vorzulegen. Trotz aller Anstrengungen, und meine sämmt- 
lichen Mitarbeiter stellten bierbei ihr Kräfte bis zur bußersen Hernze zur 
Verfügung, ist Solches nicht möglich gewesen., Bei dem zrf wurden 
auch die Entwürfe vers früheren Miniseh berücksichtigt. A— er gänz- 
lich veränderten Verhältnisse war davon aber wenig benutzbar und ebenso 
wenig konnte die Fixirung der allgemeinen Grundsätze Hnüzen. Man mußte 
einen vollständigen Gesetzentwurf mit eusreichenden Motiven ausarbeiten. 
Wichtig hiefür ist ja das Vorhandensein der Landgemeinde-Ordnung. Eine 
unerlaßicher Bedingung ist aber letztere für das Unterrichtsgesch nicht. Die 
Anfangs August fertig gestellte vollständige Vorlage habe ich meinen Collegen 
unterbreitet, die wiederum längere Zeit zur Aeußerung darüber brauchen. 
Die Angelegenheit ist jetzt im Stadium des Meinungsaustausches, der nicht 
beschleunigt werden kann. Der Finanzwminister gab zuerst sein Votum ab. 
Allein von der Sistirung der Sache, wie die Zeitungen wissen wollen, ist 
nicht die Rede gewesen. Das Votum des Finanzministers war der Gegen= 
stand neuer Erwägungen, deren Resultat sich noch nicht in den Händen der 
übrigen Minister befindet. So steht die Sache augenblicklich. Ich werde 
sie fördern, so weit ich kann. Wenn man eine Sache mit so großem Kräfte- 
aufwand gefördert, wie ich dies mit dem Unterrichtsgesetze that, gibt man 
dieselbe nicht so leicht auf, und ich glaube, etwas Vertrauen dürfen Sie in 
dieser Hinsicht zu mir haben.“ 
28. November. (Preußen.) Abg.-Haus: die Unterrichts-Com- 
mission lehnt einen Antrag des Abg. Brüel, den Schulzwang in 
Betreff des Religionsunterrichtes da aufzuheben, wo derselbe nicht 
im Sinne der römisch-katholischen Kirche ertheilt würde, mit 14 
gegen die 5 Stimmen der Centrumsmitglieder ab und nimmt mit 
dem gleichen Stimmenverhältniß den Antrag des Referenten an, im 
Plenum den Uebergang zur Tagesordunung über eine diesfällige Pe- 
tition des Grafen Droste zu einpfehlen. 
28. November. (Preußen.) Abg.-Haus: Budget, Cultusetat: 
Bei dem Kapitel Universitäten drückt Mommsen seine Freude darüber 
aus, daß das Haus endlich zu einem Abschnitt gekommen sei, bei dem der 
endkofe brkan a schweige. Die liberale Partei sei dieses Kampfes herglich 
müde; aber mit um so größerer Energie werde sie sich schlagen, bis der Krieg, 
und wenn er ein :ojählpe- werden Hüen siegreich beendigt sei. Windt- 
horst bedauert, daß man der gerechten Fordkrung, nach einer katholischen 
Universität nicht entspreche; gerade die kriegerische Rede des Abg. Mommsen 
beweise, welcher Geist an den jeigen Hochschulen herrsche. Regierungscom- 
missär Göppert erklärt, daß der preußische Staat, ohne die Grundlagen 
seiner Existeng auszugeben, niemals die Errichtung einer sperifisch katholischen 
Universität dulden werde. Virchow cronstatirt, daß die Klagen über die 
Ubneigung der esloren überall da hervortrete, wo die Wissenschaft eine 
freie Entwicklung habe. Der Ultramontanismus könne eben keine andere 
Universität brauchen, als die er sich selbst mache. Windthorst sieht in der
	        
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