Das denische Reihh and seine einzeluen Slieder. (Dez. 1.) 185
d. h. sie ihrer wohlerworbenen Rechte verlustig gehen zu lassen. Als Ent-
schädigung wird in dem Schlußprotokoll des neuen Vertrags lediglich die Be-
stimmung geboten: „Die waldeckischen Staatsdiener können auf ihren Wunsch
nach Maßgabe der in Preußen geltenden Vorschriften in den preußischen
Staatsdienst übernommen werden.
1. Dezember. (Preußen.) Abg.-Haus: Cultusetat: Meyer-
Arnswalde begründet im Namen der neuconservativen Partei näher
den jüngst von ihm definirten Standpunkt zum Culturkampf. Die
Fortsetzung desselben könne er nicht wünschen, weil er den Einfluß
der katholischen Kirche und Geistlichkeit stärke, austatt denselben zu
schwächen. Windthorst-Meppen begrüßt diese Stellungnahme Meyer's
freudig und spricht sich über die Negelung der Beziehungen zwischen
Staat und Kirche aus, wie solche seiner Ansicht nach sich zu gestalten
hätten. Der Cultueminister erklärt, auch die Regierung wolle Frieden,
aber freilich keinen Frieden im Sinne der Centrumspartei. Damit
ist die Berathung des Cultusetats beendigt.
Der Kampf mit der katholischen Kirche, die hrößte Frage der Gegen-
wart in Preußen, nahm, wie seit Jahren, auch bei diesen Debatten die meiste
Zeit in Anspruch. Der Stand der Frage, wie ihn die lehten Verhandlungen
zeigen, läßt sich kurz in folgender Weise kennzeichnen: Tas Verlangen, dem
Kampfe ein Ende zu machen, selbst um den Preie einiger Zugeständnisse, ist
bei allen Parteien bemerkbar, nur stellt jede andere Bedingungen. Die Re-
gierung sagt: Keine Aufhebung der Maigesete, Revision nur dann, wenn die
Ultramontanen prinzipiell das Gesetzgebungsrecht des Staates in Kichensachen
anerkannt haben. Der Regierung zunächst sieht in dieser Frage die Fort-
schrittspartei, weil sie von den Kirchengesetzen kein Jota lassen will, wenn
das Centrum sich nicht mit der Virchow'schen Panacée, dem Gemeindeprinzip,
befreunden will. Die Nationalliberalen haben durch Gneist sich zu einer
eventuellen Revision bereit erklärt, das Centrum solle nur seine Vorschläge
machen. Am entschiedensten von ben Parteien außerhalb des Centrums haben
die Altconservativen durch Meyer-Arnswalde erklärt, den Culturkampf satt
zu haben. Allein auch sie meinen, das Centrum solle der Majorität entgegen-
kommen. Auch das Centrum ist längst von der Forderung nach der gäng-
lichen Abschaffung der Maigesetze abgegangen, und es erscheint bedeutsam,
wenn Windthorst-Meppen nicht nur sich auf die Forderung einer Revision
der Maigesetze beschränkt, sondern erklärt, man solle es aufgeben, den seit
zweitausend Jahren bestehenden Kampf prinzipiell lösen zu wollen. Hier ist
also deutlich ein Compromiß angeboten.
1. Dezember. (Preußen.) Der Präsident des Oberkirchen-
raths, v. Hermann, gibt in Folge der Anfechtungen Seitens der
Orthodoxen seine Entlassung ein.
1. Dezember. (Sachsen.) II. Kammer: lehnt einen Antrag
des sozialdemokratischen Abg. Freytag auf Einführung des allge-
meinen gleichen Wahlrechts, auf Abschaffung des Census, wie der
Bedingung dreißigjährigen Alters und dreijähriger Staatsangehörig-
keit einstimmig ab.