Full text: Europäischer Geschichtskalender. Achtzehnter Jahrgang. 1877. (18)

192 Dos beuische Keich und seine einzelnen Glirder. (Dez. 11—12.) 
vor, welcher ein vollständiges Cisenbahnnetz enthält. Dem Gesetze 
sind umfangreiche Motive beigefügt. Das Erforderniß beträgt etwa 
87 Mill. Mk. 
11. Dezember. (Waldeck.) Landtag: nimmt den neuen Accef- 
sionsvertrag mit Preußen nach Verlesung eines fürstlichen Schreibens, 
in dem der Fürst erklärt, daß er „die vom Landtag am 4. d. M. 
gestellte Forderung nicht zugestehen könne, dagegen versichert, daß er 
von seiner Befugniß, wofern er in die Lage kommen sollte, von der- 
selben Gebrauch zu machen, als Landesherr erwägen werde, wie und 
zu welcher Zeit dies unter thunlichster Berücksichtigung der Interessen 
des Landes geschehen könne“, schließlich doch mit 12 gegen 2 Stim- 
men an, unter Beifügung einer Verwahrung betr. die Staatsdiener, 
welche „durch den bisherigen Accessionsvertrag in den preußischen 
Staatsdienst eingetreten und aufgenommen sind, nun aber durch den 
neuen Vertrag unter Aufhebung ihrer wohlerworbenen Rechte wieder 
aus demselben entfernt werden sollen“. 
12. Dezember. (Deutsches Reich.) Oesterreich gesteht die Ver- 
längerung des bisherigen Handelsvertrags auf ein halbes Jahr zu. 
Die Antwort Deutschlands ist in der entgegenkommendsten Weise gefaßt, 
sie bezeichnet den von Oesterreich beantragten Zeitraum als ausreichend zu 
neuen Verhandlungen, ohne indeß für diese eine Zeit zu bestimmen, da es 
an der österreichischen Regierung ist, in dieser Richtung Anerbielungen zu 
machen. Der österreichischen Regierung scheint es ober in ihren schutbzöllne- 
rischen Tendenzen um neue Verhandlungen mit Deutschland gar nicht zu thun 
zu sein, sondern lediglich darum, Zeit zu gewinnen, um den autonomen Zoll- 
tarif durchzuseten und den Ausgleich zwischen Oesterreich und Ungarn unter 
ach zu bringen. 
12.—14. Dezember. (Preußen.) Abg.-Haus: Berathung des 
Etats, Eisenbohnverwaltunge 
Richter greift das Verhalten der Regierung bezüglich des Ankaufes 
der Berlin- Stebtict Eisenbahn an und spricht sich gegen die Monopolisirung 
der Staatebahnen aus. Dem gegenüber macht der Handelsminister gel- 
tend, von ihm sei keine Zeitung beanftragt worden, in der Frage der Berlin- 
Stettiner oder irgendwelcher anderer Bahn für die Regierung oder gegen die 
Actionäre zu agitiren. Die Aufforderung zum Ankauf der Berlin-Stettiner 
Bahn für den Staat sei von der früheren Bahndirection ausgegangen. Sein 
(des Ministers) von Richter erwähntes Schreiben an den Bank-Präsidenten 
v. Dechend sei ganz unverfänglich und hätte durch den „Staatsanzeiger“ ver- 
öffentlicht werden können. Der Minister müsse die ihm beigemessenen Be- 
ziehungen zu den Börsenkreisen und Börsenblättern auf's Bestimmteste demen- 
tiren. Von einem bevorstehenden und entscheidenden Stadium in Sachen der 
Stettiner Bahn sei ihm nicht das Geringste bekannt. Der Minister wendet sich 
araun, 4½ den angeblichen weiteren Eisenbahnkaufeplänen der Regierung und 
waran Absicht zu, die Deutz-Giehener Bohn und die Kölner Rheinbrücke zu 
wufen. 2ie Regierung könne nicht an die Intereisen des Publikums, sondern 
müsse an die Interessen des Staates denken und die Verbindung zwischen den
	        
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