Full text: Europäischer Geschichtskalender. Achtzehnter Jahrgang. 1877. (18)

II. 
Die Oesterreichisch-Angarische Monarchie. 
1. Januar. Während die, ziemlich allgemein für Oesterreich 
als eine Lebensfrage erkannte orientalische Frage sich immer dro- 
hender gestaltet, steht auch die Lösung der sogen. Ausgleichsfrage 
zwischen den beiden Reichshälften, über die während des ganzen 
Jahres 1876 zwischen beiden verhandelt worden ist, mit Beginn des 
Jahres 1877 augenscheinlich noch in weitem Felde. 
Im Mai 1876 hatten sich beide Regierungen über die Grundlagen des 
neuen Ausgleichs mit einziger Ausnahme der Bankfrage vereinbart und es be- 
stand die Absicht, die gesammten Ausgleichsvorlagen den beiden Parlamenten 
im Januar 1877 zu unterbreiten. Diese Absicht ist jedenfalls bereits als auf- 
nt eben zu betrachten. Ganz abgesehen, von den Schwierigkeiten der Bankfrage 
Hw. schon der Verlauf der handelspolitischen Action ein so nahes Zustandeklom= 
men der gesammten Ausgleichs-Elaborate, die als ein Ganzes den Parlamenten 
vorgelegt werden sollen, nicht erwarten. Die Delegirten der deutschen Reichs- 
regierung treffen zu den Verhandlungen über den neuen deutsch-österreichischen 
andelsvertrag erst zu Ende dieses Monats in Wien ein. Im günsti sten 
e werben die Verhandlungen wie man hofft, noch „einige Wochen“ 
rauchen. Vor dem Abschlusse des neuen Vertrages mit Deutschland kann 
aber der neue österreichisch-ungarische Zolltarif, der eben der deutsch-öster- 
reichische Vertragstarif sein wird, dem Reichsrathe nicht vorgelegt werden, 
und der Zolltarif bildet wieder einen untrennbaren Theil des Zoll= und 
Handelsbündnisses, mithin der gesammten Ausgleichsvorlagen. Schon aus 
diesem Grunde kann also der Ausgleich kaum vor März an den Reichsrath 
kommen, wodurch andererseits für die Beilegung der d in der 
Sonlfinge ## gewonnen wird. Augenblicklich steht diese in beiden Reichs- 
hälften im Vordergrunde der Verhandlungen und Unterhandlungen. 
1. Januar. (Ungarn.) Der Minister-Präsident Tisza hält 
die nach ungarischer Sitte übliche Neujahrsansprache an die ihn be- 
glückwünschende liberale Reichstagspartei und berührt darin selbst- 
verständlich die beiden Hauptfragen: das Verhältniß Oesterreichs 
zur orientalischen Angelegenheit und den österreichisch - ungarischen 
Ausgleich. 
 
	        
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