Full text: Europäischer Geschichtskalender. Achtzehnter Jahrgang. 1877. (18)

Grssbrittanszir. (Febr. 5 8.) 217 
5. Februar. Lord Salisbury trifft von Konstantinopel wieder 
in London ein, ohne sich in Paris aufgehalten zu haben. 
8. Febrnar. Eröffnung des Parlaments. Thronrede der Kö- 
nigin: 
„Mit großer Befriedigung wende Ich mich wieder an den Rath und 
Beistand Meines Parlaments. Die Feindseligkeiten, welche vor Schluß der 
lezten Session zwischen der Türkei einerseits, Serbien und Montenegro an- 
dererseits ausgebrochen waren, erregten Meine ernsteste Beachtung, und sorg- 
lich wartete Ich auf eine Gelegenheit, wann Meine guten Dienste zugleich 
mit denen Meiner Verbündeten nüßlich vorgebracht werden könnten. Diese 
Gelegenheit bot sich durch das Ansuchen Serbiens um unsere Vermittlung, 
deren Anerbieten schließlich von der Pforte angenommen wurde. Im Laufe 
der Verhandlungen erachtete Ich es für angezeigt, gewisse Grundlagen fest- 
zustellen und im Verein mit den übrigen Mächten der Pforte vorzulegen, die 
Mir geeignet schienen, nicht allein Frieden mit den Fürstenthümern, sondern 
auch die dauernde Veruhigung der gährenden Provinzen mit Einschluß der 
Bulgarei und die Besserung ihrer Lage zu erzielen. Nachdem die Mächte 
ihnen zugestimmt, bedurften sie einer Erweiterung und Ausarbeitung durch 
Unterhandlungen oder vermittels einer Conferenz, verbunden mit einem 
Waffenstillstand. Obwohl die Pforte jene Grundlagen nicht annahm und 
gnden Bedingungen vorschlug, war sie boch gewillt, sie der billigen Erwägung 
ächte zu unterbreiten. Während Ich Mich anschickte, in dieser Ver- 
mütlung handelnd aufgutreten, hielt Ich es nach ünersuchug der Thatsachen 
für Recht, der Pforte die Ausschreitungen vorzuhalten, welche in der Bulgarei 
begangen worden waren, und Mein Verdammungs-Urtheil über deren Thäter 
auszudrücken. Nachdem ein Waffenstillstand vereinbart worden war, trat eine 
Conferenz in Konstantinopel zusammen behufe Erwägung der erweiterten Be- 
dingungen, in Uebereinstimmung mit den ursprünglichen Grundlagen. In dieser 
Conferenz war Ich durch einen. Sperialbrvolkmchtigten sowohl wie durch 
Meinen Botschafter vertreten. Indem Ich diese Schritte that, war Mein 
Zweck durchaus, den Frieden Europas zu erhalten und eine bessere Regierung 
der aufständischen Provinzen zu erwirken, ohne die Unabhängigkeit und In- 
tegrität des ottomannischen Reiches zu breinträchtigen. Die von Mir und 
Meinen Verbündeten empfohlenen Vorschläge wurden zu Meinem Bedauern 
von der Pforte nicht angenommen, aber das Ergebniß der Conferenz zeigte das 
Bestehen eines allgemeinen Einverständnisses unter den europäischen Mächten, 
welches eine materielle Wirkung auf die Lage und Regierung der Türkei aus- 
zuüben nicht verfehlen kann. Mittlerweile wurde der Waffenstillstand zwi- 
schen der Türkei und den Fürstenthümern verlängert; er ist * nicht ab- 
gelaufen und dürfte, wie Ich vertrauend hoffe, noch zum Abschluß eines 
ehrenvollen Friedens führen. In diesen Auzeiegenheiten handle Ich in auf- 
richtiger Uebereinstimmung mit Meinen Verbündeten. Mit diesen sowie mit 
den anderen fremden Mächten sind Meine Beziehungen ununterbrochen freund- 
licher Natur. 
Adreßdebatte in beiden Häusern: 
Oberhaus: Lord Granville, der Führer der Opposition, hofft. 
die Regierung werde, in Gemeinschaft mit den anderen Mächien ihren Ein- 
fluß dazu gebrauchen, um von der Pforte die erforderlichen Reformen zu er- 
pressen. Derby, der Minister des Auswärligen, rechtfertigt die Able mung 
des Berliner Memorandums, weil England durch dasselbe verpflichtet wor 
wäre, sich an einer gemeinschaftlichen militärischen Expedition zu sehmenen 
Durch die Conferenz sei wenigstens Zeit gewonnen, Zeit gewonnen sei Alles
	        
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