Franbreich. (April 20—25.) 269
ungenügend, indem nur etwa 12 Friedensrichter, welche sich allzu
arg compromittirt haben, abgesetzt werden; man sehe deutlich, daß
es dem Minister nicht gelungen sei, im Elysce mit seinen Ansichten
und Anträgen völlig durchzudringen.
20. April. Der Kampf der Parteien wird in der Tagespresse
mit jedem Tage heftiger.
Die ultramontanen Blätter überschütten die liberalen mit Hohn, wäh-
rend die orleanistischen den hadernden Parteien Vernunft und Milde predi-
gen, weil man noch überall auf unterhöhltem Boden stehe. Das Univers
entgegnet auf alle Bedenken: „Mir rücken voran, und wir rathen Allen,
gletegall= voran zu rücken.“ Jugleich druckt es die Petition der Katholiken
an den Rönig der Belgier zur Rettung des „Hirten der Hirten“ ab und er-
stattet Bericht über die „Tripeladresse der Spanier an die Cortes, den König
und den Papst“. Ter Moniteur beschwört die Bischöfe, sich ruhig zu ver-
halten, denn „derlei Händel, die stets gefährlich, sind es jehzt mehr als je,
wo die Ruhe dem Lande wie der Regierung noth thut.“ Allein die ultra-
montanen Blätter strohen mehr als je von Vergötterung des unfehlbaren
Papstes auf der einen, von Hohn gegen Italien und Deutschland auf der
andern Seite.
23. April. Die Regierung verbietet durch Rundschreiben an
die Präfekten die Colportage gedruckter katholischer Petitionen gegen
die italienische Regierung.
Die ultramontane Partei bildet in Frankreich heute eine mächtige,
aus zwei bis drei Millionen bestehende Verbindung, die auf den Schuß des
größten Theiles der officiellen Welt zählen kann, und die deshalb, da sie
ihre Macht fühlt, sie auch geltend machen will. In Italien selbst hat man
die von Frankreich drohende Gefahr erkannt. Man fürchtet zwar von Seiten
Frankreichs zunächst keinen Angriff, aber man befürchtet, daß die Gelder,
welche die französischen Ultramontanen gegenwärtig nach dem Vatican senden,
dazu benußzt werden sollen, Aufstände auf der Halbinsel hervorzurufen.
Ueberhaupt ist das officielle Italien durch die Parteiergreifung der französi-
schen Republikaner gegen die ultramontane Schilderhebung keineswegs be-
ruhigt worden, da man dieselben für machtlos hält, so lange Alles einzig
und allein in der Hand des Elysée liegt.
25. April. Eine Circulardepesche des Hergogs Decazes erklärt
sich für absolute Neutralität Frankreichs gegenüber der orientalischen
Verwickelung:
. Nachdem so viele Anstrengungen gemacht worden sind, die jetzige
Verwicklung zu verhindern, haben wir nur noch den festen Willen auszu-
sprechen, den gegenwärtigen Verwicklungen fern zu bleiben; erklären Sie
also, Herr Botschafter, laut und bestimmt: daß die Politik Frankreichs in
der abfolutesten Neutralität bestehen wird, gewöhrleistee, church die gewissen-
hafteste Zurückhaltung und den einstimmigen Wunsch des Landes und seiner
Vertreter, sowie durch unsere Entfernung vom Krie Wn und die
Natur unserer wesentlichen Interessen. uiß. dieses trägt dazu bei, uns eine
derartige Haltung auszuerlegen. Wir werden dieselbe nur dann ändern,
wenn neue Umstände gestatten, in einer gemeinsamen Action Europas die
Rückkehr des Fuidens vorzubereilen und zu erleichtern.“